Wenn ich diese Zeilen schreibe, habe ich nicht zwei Jahre und zwei Monate in einer von mir gebauten Hütte in der Natur verbracht. Und trotzdem komme ich dem Geist von Thoreaus Vermächtnis näher als jeder Landjunge. Möglich macht es die App „On my Own“ von Beach Interactive, welche als Neuerscheinung für iOS diese Woche bei uns gelistet war und offenbar auch noch für Android erscheinen wird (Update: nun auch für Android verfügbar). Das Spiel ist gratis mit Werbeeinblendungen und durch und durch Retro.
Ich bin jetzt auch mich gestellt. Der Wanderer läuft an Bäumen und Steinen vorbei, schnurstracks auf eine Hütte im Wald zu. Links unten sind virtuelle Tasten für die Bewegung in der grünen Welt, oben links sind neben einer Ansicht fürs aktuell ausgewählte Objekt noch zwei Balken für Hunger und Müdigkeit. Was jetzt tun? Natürlich – herumlaufen und entdecken. Doch die beiden Balken nähern sich verdammt schnell ihrem Ende und schon ist der erste Tag vorbei. Der Tag endet, eine Videowerbung erscheint und ein Sinnspruch von berühmten Überlebenskünstlern und Theoretikern des Lebens in der Wildnis. Bear Grylls steht mit seinem Zitat zwar etwas, sagen wir mal pragmatisch, neben denen von Whitman und Thoreau, aber um zu überleben soll ich vor allem nie aufgeben. Was also tun? Erstmal ins „How to play“ schauen. Hier wird das Inventar erklärt, wie man crafted und wie man Objekte in die Welt bringt. Sehr aufschlussreich war das jetzt nicht, aber schauen wir mal.
Dabei habe ich eine Axt und ein Zündholz. Ich fälle einen Baum, welcher mir Stöcke und größere Holzblöcke gibt. Das Lagerfeuer ist schon so gut wie angezündet. Durch Zufall bemerke ich, dass in der Wasserpumpe vorm Haus der Crafting-Table steckt. Hier sind zudem noch zwei Schokoriegel und Nadel mit Faden versteckt. Craften kann ich freilich nichts. Aber im Hilfemenü ist unten links eine Konstruktion zu sehen, welche sich zusammen mit dem Hinweis der Entwickler, dass Stein und Stöcke eine Falle ergeben, doch nützlich erweist. Denn Hasen habe ich auch schon gesehen. Aber zunächst steht der Hunger auf der Karte – ich finde rote Beeren und esse sie. Mein Hungerbalken steht noch immer unverändert schlecht da. Und schon ist wieder ein Tag bei On My Own vorbei. Das erste Abenteuer wird nun einen weiteren Tag später mit der Meldung enden, dass ich verhungert bin. Doch es gitarrt schönste Lagerfeuermusik aus dem Lautsprecher, die Sonne scheint immer, da muss ich nichtmal in sie schauen, wie ein weiterer Sinnspruch mir empfiehlt. Also Neustart. Es werden nun noch mehrere Versuche folgen, welche stets sehr unrühmlich enden. Einmal habe ich bei On My Own sogar die Hölle auf Erden erlebt. Wenn nämlich die Fatigue aufgrund des Hungers nicht mehr über einen Balken hinauskommt, dann befindet man sich über mehrere Tage in einer fiesen Schleife und muss ständig die Werbung ansehen, welche zwischen den Tagen erscheint. Hell on Earth.
Der erfolgreichste Versuch sieht dann so aus: Jenes Mal baue ich schnurstracks aus Steinen und Holz eine Falle. Die Beeren kann ich nicht selbst essen, das bringt nix. Aber als Köder für den Hasen sind sie nützlich. Denn plötzlich liegt die Falle nicht nur so herum, sondern sieht richtig aufgebaut aus. Hasenfleisch und Fell habe ich nun. Mehrfach wiederhole ich das jetzt. Das Fleisch wird auf dem Lagerfeuer gegrillt. Nun könnte ich wohl einen Fuchs fangen, doch es lässt sich keiner blicken.
Das Leben im Wald stellt sich nun relativ träge dar. Ich bin versorgt mit Nahrung und schlafe gut. Aus fünf Hasenfellen und Faden habe ich etwas hergestellt, mit dem ich nichts anfangen kann. An dieser Stelle soll mein Leben in der Wildnis erstmal enden. Anders als Alex Supertramp wähle ich den direkten Weg zurück in die Zivilisation und warte auf ein Update mit dem Journal. Vielleicht werde ich dann verstehen, was ich noch tun muss in dieser Welt.
Fazit: Insgesamt ist On My Own ein schönes Abenteuer, eine gute Spielidee. Das Spiel bietet dabei nicht nur Pixelgrafik, sondern auch das Gefühl der damaligen Spiele, dass man nicht so richtig weiß, was zu tun ist. Da es jedoch über die Subsistenz hinaus offenbar nichts mehr zu tun gibt, fehlt mir etwas der Thrill. Ich hoffe also auf Updates mit mehr Content, liebes Beach Interactive Team.