Faszinierende Welten mit ewigen Wäldern, schier endlosen Wüsten und einem netten Springbrunnen im Vorgarten der Ritterburg. Ja, Minecraft kann schon faszinierend sein. Gerade was die Freiheitsgrade angeht, kann Steve sich letztlich vor der großen Anzahl an Möglichkeiten erschlagen fühlen. Ein Projekt will gefunden sein. Hilfe vermittelt hier keineswegs das staatliche Bildungssystem. Weder in Grundschule noch in der Universität konnte ich einen Kurs zum Thema Redstone belegen. Oder ist es das, was ihr in den MINT-Fächern lernt? Man weiß es nicht. Obwohl ich mir fast sicher bin, dass es irgendwo einen spezialisierten Master „Analyse von Pixelart“ gibt. Irgendwoher müssen ja all die tollen Designer kommen, welche uns in den letzten Jahren mit so gekonnten Retro-Apps beglücken. Wie auch immer. Ein Plädoyer für die pädagogischen Möglichkeiten soll das hier nicht werden. Vielmehr gebe ich allen Baumeistern und Architekten in Personalunion einen Buchtipp mit in die virtuelle Welt. Der Rheinwerk Verlag hat mit „Minecraft: The next Level“ von Richard Eisenmenger ein umfangreiches How-To herausgebracht. Die Neuerscheinung liegt als Taschenbuch mit 428 Seiten vor. Der Berliner Autor hat seine Erfahrungen aus der Voxelwelt bereits im Survival-Guide sowie einem Coach für Eltern geteilt. Nun geht es also um Tipps und Tricks jenseits des Überlebens.
Das Cover des Buches scheint mir sagen zu wollen: Zieh das Diamantschwert aus dem Erdblock und werde zum König an der Minecraft-Tafelrunde. Schwert aus Erde ziehen – leichter als ein Taubsi zu fangen. Das suggeriert natürlich eine gewisse Butterigkeit. Leicht wie ein heißes Brotmesser durchs Streichfett geht hier die Wissensvermittlung von „Abenteuer-Map bis Zombie-Grinder“. Das wollen wir uns mal anschauen.
Zielgruppe: Gleich zur Beginn natürlich die Einordnung, für wen dieses Buch gemacht ist. Denn Minecraft ist nicht nur in der jeweiligen Welt groß, sondern PE ist nicht gleich PC. Klar zielt der Autor mit dem Buch auf die aktuelle Desktopversion ab. Für PE-Spieler auf Smartphone und Tablet ist es meiner Leserei nach ebenso geeignet. Denn einerseits kommen immer rasch umfangreiche Updates zu Minecraft PE und andererseits kann man sich auch etwas Appetit für zukünftige Versionen holen. Der Autor selbst grenzt natürlich ebenso noch den Kreativmodus vom Überleben ab. Tatsächlich gibt es unabhängig davon einen Punkt, wo man nicht so richtig weiter weiß. Bei mir ist dies tatsächlich gerade der Fall. Zwar habe ich mich über die zahlreichen neuen Möglichkeiten gefreut, doch wusste ich eher nicht, wie ich einen Schaltkreis anfangen sollte und blieb dabei, in der 0.15 ein paar Pferde zu zähmen in der letzten Version. Dafür habe ich sie nun in allen Farben und nicht nur als Reitbeteiligung.
Minecraft auf dem nächsten Level
Der Titel des Buches ist natürlich eine Provokation. Seit wann gibt es denn in Minecraft Level? Also ich stecke noch immer im einzigen Level fest. Gemeint ist natürlich ein höheres Fähigkeitenlevel des Spielers, wenn es um die Gestaltung geht. Hierzu werden konkrete Anleitungen gegeben. Wie das immer so ist vom Fahrradfahren bis zur Malerei, geht es dann im zweiten Schritt natürlich darum, das Wissen angepasst anzuwenden. Ein Remix vom japanischen Baustil in einer Großstadt steht natürlich nichts im Weg. Macht Sushi Circle ja auch so. Das Buch bietet in 11 Kapiteln ein breites Anwenderwissen. Anhang mit kompakten Rezepten und Index für den Überblick sind auch vorhanden.
Ich habe noch nicht das ganze Buch „gelesen“. Das werde ich auch nicht machen. Hehe. Denn das Buch liest man, wie ich finde, nach Interessenlage. Kapitel 1 mit den Skins ist ohnehin nichts für PE-Spieler, ebenso die Ressourcenpakte und zum Slartibartfaß werde ich nicht. Derzeit zumindest. „Kapitel“ sollte ich ohnehin endlich mal in Anführungszeichen setzen. Denn aufeinander aufbauend sind sie nicht. Der Autor hat passende Themenfelder zusammengepackt zu Abschnitten. Als da wären: Farmen bauen, Sicherheitstechnik, Schienenbau, Architekturstile oder etwa Kunstwerke in 2D und 3D. Besonders interessiert mich natürlich alles zu Redstone, was schön mit dem Eisenbahnbau konvergiert. Was ich auch schon nachgebaut habe, ist die Kaktusfalle. Anfänglich werden die erforderlichen Materialien ausgeführt, danach dann die Bauschritte blockgenau angegeben. Ich hatte keinerlei Probleme die Falle in fünf Minuten nachzubauen. Gerade die Sache mit den wasserverdrängenden Schildern kann man als Noob nicht wissen, ohne es zu lesen.
Die Anleitung ist knackig und verständlich. Generell ist das Buch in du-Form gehalten und mega farbig. Rand in Pixelgrün, die Schriften aufwendig formatiert mit vielen Fettschreibungen, Einrückungen und Infoboxen. Text und Bilder halten sich die Waage. Natürlich gibt es auch Links ins Internet, meist per tinyurl. Was mir nicht so gut gefallen hat, sind Verweise aufs Survival-Buch. Etwa gibt es die Bauanleitung fürs „ansehnliche Fachwerkhaus“ nur dort. Das wirkt wie eine In-Buch-Werbung. Dafür finde ich die humorigen Einschiebungen super. So habe ich jetzt den Blick dafür, dass die Neue Nationalgalerie bei Minecraft nachgebaut zu eintönig wäre und Teppiche auf dem Dach nette Details erzeugen.
Fazit: Insgesamt gefallen mir Aufmachung und Inhalt des Buches ausgesprochen gut. Das Layout und die Gestaltung sind freundlich übersichtlich, aber nicht zu verspielt. Hier nimmt jemand das Thema ernst und tut es nicht als Kinderspiel ab. Klar, aber manchmal muss man das noch immer als nicht selbstverständlich herausstellen. Entsprechend ist das Buch für alle Altersklassen geeignet, gerade auch für Kinder, da mir die Exkurse im Bereich der Architektur ganz gut gefallen, um die Augen zu öffnen. Für einen sehr günstigen Preis von gerade einmal 19,90 Euro bekommt der Minecraft-Spieler hier ein Büchlein an die Hand, um wahrlich das nächste Level zu erreichen. Es ist hier bei Amazon verfügbar, wo es von einem offenbar ähnlich interessierten Leser wie ich es bin auch fünf Sterne erhalten hat.
Tolles Minecraft-Nachschlagewerk für Baumeister jeden Alters und mit ohne viel Vorwissen direkt umsetzbaren inspirierenden Anleitungen.