Price hat seine Menschlichkeit verkauft. Das ist das Erste, das wir über die Hauptfigur des pixeligen Abenteuers „DISTRAINT: Pocket Pixel Horror“ erfahren, welches vom finnischen Indie-Entwickler Jesse Makkonen entwickelt wurde. Ursprünglich erschien das unheimliche kleine Horroradventure für Steam und ist jetzt auch für alle Androiden kostenlos und für die Jünger des angeknabberten Apfels für 1,09 € verfügbar. Unsere Spielfigur schleicht zu Beginn durch einen Hausflur und sucht nach einer gewissen Mrs. Goodwin. Was er tun muss, tut ihm leid, aber es muss sein. Nein, Price ist kein Auftragsmörder, sondern … ein Pfändungsbeauftragter. (Also noch viel schlimmer.) Gemeinsam mit Price erlebt der Spieler seinen Gewissenskonflikt zwischen beruflichem Erfolg und Moral und einen rasanten Flug in Richtung Abgrund.
Gold und anderes Zeug, was glänzt
Price erinnert mich optisch auf den ersten Blick ein bisschen an den zehnten Dr. Who und ist auch ähnlich melancholisch drauf. Er ist eigentlich ein ganz normaler Typ, der Kaffee so sehr liebt, dass er auch beinahe dafür Wasser aus dem- Nein. Das kann ich nicht spoilern. Und unhygienisch ist es außerdem. Ähem. Also, er verlässt den Pfad der Tugend um Reichtum zu erlangen oder wenigstens, um in einer Wohnung leben zu können, in der es nicht reinregnet und sich eventuell auch etwas Luxus zu gönnen. Doch ist der Preis dafür nicht zu hoch? Ihm erscheinen eines Morgens drei zwei Geister: Seine toten Eltern sitzen an seinem Tisch und … trinken seinen Kaffee. Schockschwerenot! Die beiden erheben auch sogleich den geisterhaften pädagogischen Zeigefinger und warnen Price, seiner Gier zu erliegen. Alsbald verschwindet das Geisterpaar und Price zweifelt sehr an seinem Verstand. Gegenspieler seiner Eltern sind die drei Herren Mc Dade, Bruton und Moore, die ihm im Tausch gegen seine Menschlichkeit eine Partnerschaft in ihrem Unternehmen anbieten und keinerlei Skrupel zu besitzen scheinen. Price soll genauso werden, aber kann er das, mit so viel Gewissensbissen? Und noch viel wichtiger: Sollte er das werden wollen?
Gepfändet!
Das Gameplay in „DISTRAINT: Pocket Pixel Horror“ ist einfach, mit den Pfeiltasten nach links und rechts bewegt man sich in die entsprechende Richtung. Mit A interagiert der Spieler mit Gegenständen und Personen, B öffnet das Inventar, in dem vier Items Platz finden. Items auswählen kann man im Inventar, ebenfalls durch A. Hat man einen Gegenstand ausgewählt, kann man ihn mit anderen Gegenständen kombinieren, wie Schlüssel mit Türen oder Holzscheite und Kamin. Es lohnt sich, jeden Gegenstand genau unter die Lupe zu nehmen und jede Person anzuquatschen. Doch zurück zur Handlung des Psycho-Horror-Adventures! Price möchte zwar unbedingt der neue Partner der drei seltsamen Herren werden, kann jedoch sein Gewissen nicht so einfach zum Schweigen bringen. Die alte Mrs. Goodwin aus ihrem Zuhause zu vertreiben, macht ihm schwer zu schaffen und er bereut seine Entscheidung zutiefst. Das hält ihn zwar nicht davon ab, weiterzumachen, aber er beschließt, nach der netten Omi vom Vortag zu sehen und sieht diese dann plötzlich als Erscheinung in seiner Wohnung. Und das bedeutet, was Hamlet schon wusste, nie etwas Gutes.
War das eben ein Zombie-Elefant?!
Bei dieser einen Erscheinung bleibt es jedoch nicht. Blut, das von Zimmerdecken oder Türen fließt, als Regen vom Himmel fällt oder das Wasser der Waschmaschine rot färbt, sieht Price nahezu überall. Ebenso muss man sich auf weitere Geister, Skelette oder Zombieelefanten einstellen, sowie viele weitere kleine Schock- und WTF-Momente. Die gesamte Stimmung von „DISTRAINT: Pocket Pixel Horror“ ist düster, der Wahnsinn verbirgt sich hinter so mancher geschlossenen Tür. Der Wechsel zwischen dem alltäglichen Geschäft eines Pfändungsbeauftragten und dem surrealen Horrortrip, den Price erlebt, kommen in unvorhersehbarem Wechsel. Zunächst harmlose Situationen entwickeln einen makaberen Charakter, süße Beagle werden zu blutverschmierten Bestien und im Altenheim, in dem Mrs. Goodwin nach der Pfändung ihrer Wohnung gelandet ist, sollte man lieber beim vegetarischen Menü bleiben. Just saying.
Ein Puzzleteilchen nach dem Nächsten
Der Nächste auf Price‘ Pfändungsliste ist der Einsiedler Mr. Tailor, der eigentlich gar keine Schulden hat, jedoch dazu gedrängt wird, zugunsten des Baues einer Autobahn sein Grundstück zu verkaufen. Er willigt ein, wenn Price ihm hilft, seinen entlaufenen Hund wiederzufinden. Price stürzt sich auf diese Aufgabe, vielleicht auch ein bisschen wegen seines schlechten Gewissens. Dazu müssen einige Rätsel gelöst werden, zum Beispiel durch das typische Kombinieren von Gegenständen und das Lösen von Rätseln. Aber ich will nicht zu viel spoilern. 🙂 Price trifft danach erneut auf die drei Chefs, die seine Hilfsbereitschaft gar nicht gut finden und zu mehr Strenge ermahnen. Price hat nun nur noch einen weiteren Namen auf der Liste und ist seinem Ziel, Parter der Pfändungsgesellschaft zu werden, ziemlich nahe und damit auch dem ersehnten Reichtum. Apropos Geld: Einen In-App-Shop gibt es nicht, jedoch kann man für Echtgeld die Werbung ausschalten.
Fazit zu DISTRAINT: Pocket Pixel Horror
Die düstere Atmosphäre zieht sich durch das gesamte Spiel. Im Laufe der Handlung wachsen Selbsthass und Zweifel in Price und er sucht nun inneren Frieden und Wiedergutmachung, muss sich aber durch allerhand verrückter Dinge kämpfen. Eine spannende Story wird ergänzt von einer unheimlichen Welt, die voller liebevoller (okay, und blutrünstiger) Details steckt. Der gesellschaftskritische Aspekt zwischen moralischem Handeln und einer konsumorientierten Businessgesellschaft wurde geschickt verpackt in einer eher untypischen Horrorgeschichte, in der die Hauptfigur statt von Zombies oder Axtmördern von seinem eigenen Gewissen gejagt wird. Das Ende der Geschichte ist ziemlich krass, allerdings nicht unbedingt etwas für allzu sensible Gemüter.