Meine Oma hat ein Smartphone und nutzte es nur zum telefonieren. Gerade wenn Enkel auch App Blogger sind, geht das gar nicht. Telefonieren mit dem Quadcore, das ist so, als hätte man einen PC und würde nur den Taschenrechner nutzen. Oder als würde man eine Mikrowelle lediglich für heißes Teewasser einschalten. Okay, die Vergleiche werden schon wieder abwegig. Der PC passt schon. Denn gerade bei ihm zeigte sich damals schon ein gewisser Bruch zu den Schreibmaschinentätern. Es ist dieser Effekt, welcher Generationen entstehen lässt. Es gibt ja sogar einen Begriff für Teenies, welche mit der Technik aufgewachsen sind und sich deshalb damit besser auskennen sollen. Was für ein Quatsch. Trotzdem stimmt es, dass es gewisse Barrieren vom Alter her gibt. Deshalb kam auch die Buchankündigung vom O’Reilly Verlag wie gerufen: „Android Tablets & Smartphones“ von Günter Born hat im Untertitel den Schlüssel. Dort heißt es nämlich: „Der Ratgeber für Senioren“.
Schon vor ein paar Jahren bei einem Flachbildschirm war die Not groß. So hatte es Samsung doch tatsächlich drauf, überhaupt keine Anleitung beizulegen. Sollte man sich im Internet laden. Am besten am TV selbst. Henne und Ei und so. Auch bei Smartphones und Tablets ist es weit verbreitet, dass in der Schachtel nicht viel mehr als ein Schnellstart beiliegt. Auf einen Link auf einen Guide im Netz wird sogar verzichtet. Dass es sich lohnen kann, ein Smartphone zu nutzen und sogar ziemlich einfach ist, zeigt dieses Buch.
Das O’Reilly Buch behandelt der Reihe nach alle wichtigen Funktionen: Grundlagen zur Einrichtung, Bedienung, Surfen, E-Mail, Office-Funktionen, Fotografie, Medien und Apps, weiterführende Einstellungen. Oh, und ein Kapitel zum Thema Telefonieren gibt es auch, dann aber auch mit Skype. Der Inhalt ist umfassend und der passenden Abstraktionsstufe. So werden nicht seitenweise Apps empfohlen, sondern hauptsächlich die mitgelieferten Anwendungen erläutert. Nur hin und wieder werden empfehlenswerte Apps kurz genannt. Auf den über 300 Seiten sind 10 Kapitel untergebracht, deren jeweilige Themeneinheiten kompakt und gut gegliedert der Reihe nach oder bezüglich konkreter Fragestellungen hin gelesen werden können. Die Schrift ist normal groß mit einem vorzüglichen Layout, wie man es von O’Reilly kennt. Alles ist farbig bebildert mit Screenshots und Collagen am Stand von Android Lollipop, es gibt farbige Rahmen mit Hinweisen oder Warnungen.
Warum ist das Buch nun für Senioren geschrieben? Wir hatten ja hier bereits das allgemein gehaltene Buch über Android Tablets vorgestellt. Wo sind die Unterschiede? Klar, einerseits wird auf Abkürzungen und englische Begriffe verzichtet. Ein Glossar klärt trotzdem alles, falls mal XML und IMAP unbekannt sind. Pädagogisch ist das Buch überaus gelungen. Andererseits gibt es hier und da Akzente, welche auf Themen eingehen, welche die Zielgruppe besonders interessieren: Apps für die Gesundheit, Seniorentreff als soziales Netzwerk oder wie man Heino bei Google Play Musik findet. Ach Unsinn, der macht ja jetzt auf jung. Aber die Mediatheken von ARD und ZDF werden speziell empfohlen und nicht die von Big Bang Pro 7.
Die Darstellung ist stets sachlich an Beispielen orientiert, was gerade im Bereich Fotos und Musik auch eine persönliche Note mit rüberbringt. So kann man offenbar das Wohnzimmer des Autors im Panorama sehen und seine Zimmerpflanze. Auch gut finde ich, dass z.B. bei WhatsApp auf Datenschutzbedenken hingewiesen wird. Der Autor Günter Born hat übrigens schon langjährige Erfahrungen im Bereich, was man dem Buch anmerkt. Geradlinig und mit dem Blick fürs Wesentliche präsentiert es sich. Ich konnte inhaltlich keinerlei Punkte finden, wo ich etwas anzumerken hätte, von kritisieren brauchen wir gar nicht erst sprechen. Klar könnte man noch ein paar Spezialthemen mehr unterbringen – die Begeisterung für Indiespiele wecken, die Möglichkeiten der VR aufzeigen und eine Cardboard basteln. Aber dann wäre es eben nicht mehr so kompakt.
Erhältlich ist „Android Tablets & Smartphones. Der Ratgeber für Senioren“ hier bei Amazon für knapp 20 Euro. Es setzt keinerlei Vorwissen voraus.