Nur noch eine Minute! Nein, wir verhandeln nicht mit euch, wie lange wir noch pennen dürfen.  Es geht auch nicht um die Zeit bis zur Klausurabgabe oder Gedenkminuten für alle Studenten, die diese bald wieder schreiben dürfen. Eine Minute, also sechzig Sekunden, ist die Zeit, die Familienvater Ted bleibt, um sich und seine Familie in Sicherheit zu bringen vor der nuklearen Katastrophe. 60 seconds! Atomic Adventure wurde vom polnischen Indie-Entwickler Robot Gentleman (Tolle Hüte!) entwickelt und nachdem es schon auf Steam und iOS erschienen ist, können nun auch die Androiden in den Bunker flüchten.

Run, Ted, ruuun!

Wie kurz diese namensgebenden sechzig Sekunden eigentlich sind, zeigt sich zu Beginn des Spiels. Innerhalb dieses Zeitfensters hat der Spieler die Gelegenheit, so viele zufallsgenerierte Gegenstände wie möglich zu schnappen und in die geöffnete Bunkerluke zu werfen. Die zahlreichen Suppendosen und Wasserflaschen sind alles, was Ted im Bunker zu sich nehmen wird.  Aber auch Waffen, Medikamente oder Gasmasken kann man in seinem Versteck gut gebrauchen. Abgesehen davon sollte man natürlich etwas anderes nicht vergessen – die Familienmitglieder! Was und wen man in den sicheren Bunker schubst, muss man mit dem eigenen Gewissen vereinbaren. Natürlich reichen die Vorräte länger, je weniger Leute sie verbrauchen, aber andererseits kann man so auch mehr Leute auf Erkundungstour schicken – und wer würde schon die eigene Familie zurücklassen? Gelingt es einem nicht, selbst in den Bunker zu springen, heißt es Gameover, bevor das eigentliche Spiel begonnen hat.

Choose wisely!

Im Sammelmodus bewegt man den amerikanischen Familienvater durch seine trauten vier 3D-Wände, im Part 2 erwartet den Spieler eine Comicgrafik. Im Startmenü kann man auch den Sammel- oder Überlebensmodus einzeln spielen oder in einem Tutorial üben und auch den Schwierigkeitsgrad auswählen. Der 50er Jahre Stil zieht sich durch das gesamte Spiel – was vielleicht daran liegt, weil  60 seconds! in den 50er Jahren spielt. Die Geschehnisse des Tages werden in einem Notizbuch festgehalten, außerdem ändert sich die Szenerie hin und wieder. Diese Veränderungen sind meistens wenig spektakulär, die Familie sieht nach einer Weile ohne Essen und Wasser oder einem Trip an die Oberfläche etwas abgekämpft aus, als hätte sie vier Tage Gamescom hinter sich. Von nun an lebt die Familie mit allem, was sie retten konnte, im Bunker. Jeden Tag werden die Vorräte rationiert und auch, wenn man echt viel retten konnte, wird Nahrung und Wasser schnell knapp. Und was macht man die ganze Zeit im Bunker? Hauptsächlich herumsitzen, betreten ins Leere starren und ab und an versuchen, über das Radio an neue Informationen zu gelangen. Denn ganz sicher wird man irgendwann gerettet. Oder?

Knock knock!

Um an neue Vorräte zu kommen, können die Familienmitglieder auf Expeditionen geschickt werden. Wenn man Glück hat, kehren diese dann mit lebensnotwendigen Vorräten oder neuer Ausrüstung zurück. Wenn man kein Glück hat, kehren die Abgesandten des Bunkers nicht oder verletzt zurück. Doch es kann auch Besuch von der Außenwelt an die Bunkertür klopfen, wie Händler, dubiose Agenten oder auch ein Kater. Bei solchen Ereignissen muss eine Ja-Nein-Entscheidung getroffen werden, die oft auch abhängig von zur verfügungstehenden Items ist, ohne Flinte kann man eben auf nichts schießen. (Der Kater darf natürlich in den Bunker, wäre ja sonst grausam.) (Aber die Menschen bleiben draußen.) Manche Entscheidungen im Atomic Adventure beeinflussen den Verlauf der Bunkergeschichte mehr als andere. Hat man sich beispielsweise entschieden, den Kater in den Bunker hineinzulassen, kann man an einem der folgenden Tage eine Adresse aufsuchen, die auf seinem Halsband stand oder wird auf ein loses Kabel aufmerksam, als Sharikov (lol) gerade damit spielt. Obwohl die meisten Folgen recht vorhersehbar sind, haben einige der Entscheidungen unerwartete Auswirkungen, die einen noch tiefer in die Misere reiten.

Drei Liter täglich!

Kaum einer hält sich an das Idealmaß des Tagesbedarfs an Flüssigkeit, im Bunker muss man jedoch sehr genau überlegen, wer was wann zugeteilt bekommt, denn schnell sind die letzten Vorräte aufgebraucht. Auch, wenn man nur noch eine einzige Wasserflasche übrig hat und sich diese Reserve aufsparen möchte, irgendwann ist Schicht im (Bunker-)Schacht. Die Bedürfnisse der Familienangehörigen werden ausnahmsweise nicht in Form von den üblichen Balken angezeigt. Stattdessen erfährt der Spieler über das Tagebuch in Textform, woran es der Familie gerade mangelt. (Richtig, ihr müsst lesen.) Ein paar Tage überlebt Ted natürlich schon ohne Dosensuppe, aber mit jedem Tag wird sein Zustand kritischer. Und wenn er schon mit einem Fuß im Grab steht, sollte man schleunigst etwas zu essen oder zu trinken finden. Stirbt Ted, ist das Spiel vorbei, denn er ist – wer das bis hierher nicht mitbekommen hat- die Hauptfigur. Alle anderen Familienmitglieder kann man einbüßen (sogar den kleinen Timmy) oder verbannen, wenn sie heimlich kommunistische Comicheftchen im amerikanischen Klischee-Städtchen gelesen haben oder durchgedreht sind, Ted aber muss so lange wie möglich überleben.

Fazit zu 60 Seconds! Atomic Adventure:

Während der erste Teil des Spiels sehr hektisch ist und man durch Teds Haus eilt, um schnell noch ein Brettspiel zu schnappen, bevor die Bombe hochgeht, ist der Bunker-Teil ein betont krasser Gegensatz. Die Familie sitzt herum und wartet. Und wartet. Und wartet… Survivalgames sind meistens actionlastig, die Überlebenden kämpfen gegen verstrahlte Zombies oder bauen eine neue Zivilisation auf, hier jedoch kämpft die Familie vor allem gegen die Langeweile und den Hunger. Die geretteten Gegenstände spielen eine wichtige Rolle, man bemerkt sehr schnell, was man dringend hätte gebrauchen können. Ratsam ist es, vor allem an Wasser und Dosensuppe nicht zu geizen, denn wenn diese aufgebraucht sind und nicht rechtzeitig Nachschub gefunden wird, hat es sich mit den Überlebenden schnell erledigt. An schwarzem Humor mangelt es dagegen nicht, trotz der düsteren Endzeitstimmung.

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Hey liebe Leser! Mein Name ist Jasmin, ich bin 29 Jahre alt und studiere Germanistik. Wer sich im Studium mit Literatur und der deutschen Sprache auseinandersetzt, schreibt natürlich auch sehr gern selbst Texte. Überwiegend zocke ich Spiele am PC, schätze aber auch Handyspiele, wenn ich unterwegs bin. Ich zeichne gern, am liebsten digital mittels Zeichentablet und verbringe so ziemlich jede freie Minute mit meinen beiden Dackeln. Euch noch viel Spaß beim Lesen!

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