Natürlich nicht. Die Ada App sagt mir nicht, dass ich Husten habe. Hüstel, hüstel. Wer sagt denn so was? Einerseits habe ich keinen und anderseits bräuchte ich für so eine Diagnose ja keine App. Obwohl. Könnte ja Lungenkrebs sein. In diesen Polen der Möglichkeiten bewegt sich wohl jede medizinische Diagnose, die man sich als Laie selbst stellt. Gerade übers Internet. Legendäres Internet-Allgemeingut, etwa wie die vermehrte Häufigkeit von Katzenmemes mit Burgern rund um die Fastenzeit. Und dazu gehört auch die Erfahrung, dass man mit den kleinsten Beschwerden die schlimmsten Krankheiten finden kann. Entsprechend verrufen ist der alienhafte Doktor Google. Einschieben könnte man hier, wonach man ja wohl für seinen eigenen Körper der erste Experte überhaupt sei, schließlich kennt man ihn ja schon seit Jahren. Ich möchte nicht wissen, wieviele Beiträge zu Ada so anfangen. Das lassen wir auch mal so dahingestellt und die Analysen dürfen jene schreiben, welche ihren Kühlschrank Bosch nennen. Zumal der Vergleich hinkt wie eine Katze mit Käseallergie, denn hier geht es nicht einfach um eine Such-App, sondern um eine KI-gestützte Expertin. Ada. Die wollen wir hier nicht trocken vorstellen wie einen Zwieback, sondern mal locker schauen, was die Ada App kann. Sozusagen testen, wie innovativ.
„Hast du kurz Zeit, über deine Bauchschmerzen zu sprechen?“ so fragt die Ada auf der Homepage. Und in den Screens gibt es tatsächlich den Fall „Husten“, welche ich gerade ersponnen hatte als total unwahrscheinlichen Krankheitstyp, bei welchem man Hilfe braucht. Okay, gebe den Nutzern, was sie wollen, hat man hier wohl gedacht. Oder mit Krebs zu werben ist nicht so toll. Ada klingt so schön kurz wie Siri und steht nicht für die American Dental Association oder das Abgaszentrum der Automobilindustrie (gibt es wirklich). Auch nicht für den Apple Design Award, auch wenn die App schon recht viele Preise und Lob erhalten hat. Die Ada App sei „deine Gesundheitshelferin“. Das hört sich so sprachlich verklausuliert an wie Facility Manager, nein eher wie Sicherheitshelfer für nen Polizisten. Jobcenter, statt Arbeitsamt und so weiter. Okay, offenbar will man kein Doktorersatz sein, zumal es rechtlich da ja nicht so einfach ist sicherlich sich zu positionieren. Sogleich geht man noch den Ansatz mit nicht das Problem, also die Krankheit, sondern das erstrebenswerte Ziel zu nennen. Naja, dann macht halt. Ich bin jedenfalls krank und will wissen, was genau da los ist. Komischerweise kann man hier auch solche Fälle behandeln, wo man wohl eher den Notarzt rufen sollte. Gibt es wirklich Leute, die mit den Symptomen eines Schlaganfalls die Ada App nutzen bzw. Angehörige, die das tun? Wie traurig ist das?
„Muss ständig lachen“ – ihr merkt schon, es fällt schwer über die Ada App rein sachlich zu berichten. Das Thema ist eigentlich ernst. Doch launisch läuft besser. Das liegt wohl daran, dass sie auf diese Eingabe die zwei Vorschläge bringt, dass ich ständig pinkeln muss oder „die Augen zusammenkneifen um scharf zu sehen“. Also die App sei von mehr als 100 Ärzten und Wissenschaftlern entwickelt. Die Ada Health GmbH hat passenderweise ihren Sitz auf der ADAlbertstraße. (Das kann doch kein Zufall sein). In Berlin. Entsprechend ist die App auf Deutsch. Was ist die App? Sie ist wie ein Chat aufgebaut. Nur spricht man nicht mit einem Arzt, sondern einem Bot. Der lernt aus den Eingaben aller und wohl die von denen des individuellen Nutzers. Die genauen Hintergründe schauen wir vielleicht später nochmal an. Kommen wir lieber zum Fall…
Muss ständig lachen
Fall. So nennt die App eine Anfrage. Man startet mit der Eingabe eines Symptoms, so wie man auch zum Arzt gehen würde. Dort würde man dann verschiedentlich untersucht mit Allerlei Gerät. Hier geht es so weiter, dass man einfach weitere Fragen beantwortet. Ich muss also ständig lachen und darf dann spezizifizieren, ob ich folgendes habe:
gesteigerten Appetit
Schüttelfrost
depressive Stimmung
schmerzhaftes Wasserlassen
Euphorie
Hm. Also von den fünf Vorschlägen passen zwei. Appetit habe ich derzeit auf Lebkuchen und so weiter mega. Euphorie angesichts der Erfolge von Tesla auch ab und an, womit auch die Regel erfüllt ist, wonach es hier kein Tech-Review ohne die Nennung dieser Firma oder von Elon Musk gibt. Ich entscheide mich für die Euphorie und werde gefragt, wie lange ich diese „Beschwerde“ schon habe. Hm, die Quartalszahlen von Tesla waren vor zwei Wochen, oder? Habe ich weitere Beschwerden? Nein. Sofort werde ich gefragt, ob ich Kokain genommen habe. Ui. Wir sind ja hier nicht das Wall Street Journal, sodass wir die Drogen mal nicht in einem Text zusammen mit… ach, lassen wir das. Durchaus viele weitere Fragen sind zu beantworten. Davon sind sogar einige dabei, wo ich mir nicht so sicher bin, ob ich die Symptome für ne bipolare affektive Störung richtig zusammenbekomme. Schneller sprechen, ja. Aber bleibe ich dann lieber allein Zuhause? Zählt da auch dazu, dass ich lieber nur Duo anstatt Squad bei PUBG derzeit zocke? So oder so, die App erstellt einen Bericht. Welcher mit ner Art Warnung als Hinweis versehen ist, dass ein Arzt nicht ersetzt werde.
Black Stories als App
Tatsächlich gibt es recht viele Symptomvorschläge, die Körperteile betreffen, die eher schambesetzt sind. Eigentlich wollte ich eine starke Blutung am Arm melden (abgetrennt), aber an welchen Körperstellen man noch stark blutet, erspare ich euch mal. Das ist für mich ein Zeichen, dass viele dia Ada App nutzen, da sie Angst vorm Arztbesuch haben. Natürlich ist es jetzt schwierig die App realistisch zu bewerten, wenn man völlig gesund ist und sich die Fälle so erdacht hat. Dennoch: Alles in allem sind die Diagnosen recht durchsichtig. Ich habe nun so 5-10 völlig fiktive Fälle eingegeben, bei welchem ich mich anhand der Symptombeschreibung von Wikipedia durchgearbeitet habe. Auf Krebs habe ich mal verzichtet bzw. war ich erfolglos. Mehrfach habe ich versucht Krebs als Diagnose zu erhalten. Ist mir nicht gelungen, bin ich wohl falsch abgebogen. Die Berichte am Ende sind korrekt. Insofern wohl schon hilfreich, wenn man ahnungslos ist. Lustigerweise kann man auch so völlig triviale Ursachen wie Muskelkater erstellen, indem man also auf leichte Schmerzen im Arm und so weiter tippt. Im Vergleich zur bloßen Google-Suche ist hier auf jeden Fall der Vorteil, dass man mehrer Symptome angeben kann, diese hinterfragt werden.
Alles in allem. Ich finde die Ada App in der aktuellen Version vor allem witzig. Schönes Spielzeug. Wie ein Quiz. Es ist zwar toll, dass sich jemand an so ein Thema wagt. Dass man die App aber in dieser Version in die Stores stellt, ist schon komisch. Klar, sie läuft. Aber nützlich ist sie nur bedingt. „Aktuelle Version“ habe ich aber genannt soeben. Durch Nutzereingaben lernt die liebe Ada wohl und so ist ein Anfang gemacht. Würde ich die App konsultieren, wenn ich ein wirkliches körperliches „Gesundheitsproblem“ habe (aka Krankheit). Nö. Vielleicht im Wartezimmer, wenn mir die Zeit zu lang wird. Aber erst, wenn ich von Candy Crush genug habe. Wie vernichtend und böse das Urteil, wa?
Ein ernsthafter Gedanke zum „Anfang“: Das Thema ist riesig und unser schnelles App Review der Ada App deshalb absichtlich recht flapsig. Generell könnte man ja fragen, wenn man sich die Ada App mal ernsthaft auf einen zweiten Blick anschaut, inwiefern das mit dem Datenschutz ist. Ob das bei Nutzern in Deutschland ankommt, die ja eigentlich vom Gesundheitssystem rundum versorgt sind. Außer vielleicht privat versicherte Blogger. Finde die App eine Nutzerschaft? Zumal die App schulmedizinisch ist und eine spezielle Zielgruppe mit Zuckerkugeln hier nicht angesprochen wird. Ist die Ada App was für meine Oma? Hm. Nö. die geht gern zum Arzt, da sie dort ihre anderen Omis trifft. Und den Bergdoktor. Weiter zur App: Inwiefern Big Data und Algos überhaupt hier helfen können. Klar, auf CT-Aufnahmen nen Tumor erkennen und den Arzt unterstützen geht. Aber anhand von solch einer Datengrundlage ne Diagnose stellen, welche einem Arzt behilflich ist? Wollen Ärzte das Vorgespräch abkürzen? Oder macht es die Diagnose der App nur schwieriger, da man ja dann als Arzt erstmal schauen muss, ob diese stimmt und der Patient alles korrekt eingegeben hat. (Warum gibt es eigentlich keinen Korrektur-Button?) Die Eingabe der Symptome per Text, einfach so per Introspektion, reicht das überhaupt? Kann eine solche App überhaupt ohne „richtige“ Daten funktionieren? Müsste man nochmal genauer schauen. Aber hey, heute habe ich leichten Husten und darauf keine Lust. Vielleicht schau ich in ein paar Monaten nochmal rein in die Ada App, außer es war doch Krebs, dann lag sie falsch.