Schiller schrieb einst über Goethes Faust, dass jener ein Machwerk eines Laien sei. Er ging sogar soweit die Saga über Pudels Kern in seiner EncycKLOpedia als Bespiel für den stümperhaften Dilettantismus anzuführen, womit er den Bedeutungswandel des eigentlich positiv besetzten Begriffs hin zur Belustigung auslöste. Coin Master Spieler fragen sich spätestens jetzt, was der Sinnzusammenhang zwischen ihrer derzeitigen Lieblingsapp mit jenen frei erfundenen Anfangszeilen ist (schließlich lebten die beiden Schriftsteller 300 Jahre auseinander und trafen sich nie, kannten auch kein Coin Master und nicht das Schwein). Der Zusammenhang kommt noch. Das Spiel ist Schrott, sagen vielen mit erhobener Nase. Auslöser waren übertrieben emotionale Werbung von fragwürdigen Influencern. Damit ist es zum Sport geworden die App Coin Master zu kritisieren, runterzumachen: „der letzte Schrott“. Ein Phänomen, wie wir es bei Candy Crush auch schon mal hatten. Eine kleine Abrechnung mit der Kritik. Und eine Begründung, warum Clash Royale die schlechteste App aller Zeiten bleibt. Lol.
Coin Master ist aus Gamersicht nicht Candy Crush. Zugegeben. Hier hat man hauptsächlich mit dem Glück des Automaten zu hadern, dort… zwar auch mit der Spawnrate der Farben, aber Skill ist schon erforderlich, wenn es heißt die Bonbons zu matchen. Durchaus auch viel, schaut man sich hier mal die super schweren Level bein Candy Crush an. Dennoch geht Coin Master Kritik völlig ins Leere und ist völlig unnötig, wenn man eine Bedingung beachtet. Und sie ist wie immer ziemlich abgehoben. So von wegen: das ist kein Spiel! Was ein Spiel ist, das entscheiden die Spieler, nicht ihr. Es kann selbst ein Spiel sein die weiße Wand zu betrachten, wenn man daran Spaß hat leicht graue Punkte an ihr zu finden. Probiert das mal. Oder spielt Coin Master. Als ob es nicht genug Alternativen gäbe. Indie-Apps mit Gameplay etwa.
Kritikpunkt: Coin Master Gameplay ist dünn
Kniffel. Ihr kennt es. Ist es nicht komisch, dass man hier 20-60 Minuten nur würfelt? Zugegeben, es gibt ein Spielziel bestimmte Augenpaare zu sehen. Vor allem die der verlierenden Mitspieler, welche am Würfel nicht soviel Glück hatten. Glück ist nunmal ein zentrales Element von fast allen Spielen. Das geht soweit, dass Leute sich in sogenannten Casinos (Definition: Glücksspielmöglichkeit im Rahmen eines Restaurations- und Variétébetriebs) an Automaten setzen und echtes Geld verzocken. In Las Vegas ist das cool und gehört beinahe zum Stadtbesuch. Nun gibt es eine populäre Automantenapp und plötzlich ist das „BÄH“? Obwohl man kein echtes Geld einsetzt, sondern nur Zeit?
Zumal das Gameplay von Coin Master mit den Angriffen, Überfällen und dem eigenen Dorfbau ja noch Zusatzelement enhält. Mit sozialen Elementen, schließlich darf man „Freunde“ angreifen und Rache nehmen. Freilich kann es taktisch nicht mit dem Clasher mithalten oder Sim City. Aber nen Witz hat das schon.
Kritikpunkt: Abzockapp
Bibi´s Werbung für Coin Master löste öffentlich-rechtliche Kritik aus. Sorry, eigentlich würde ich hier gern das Wort von Schiller an Goethe benutzen, aber es wirkt noch zu nett. Das Video „**aufgedeckt** Die (teure) WAHRHEIT über BIBI und COIN MASTER! (RIP GELD)“ ist ne Katastrophe. Das Gameplay wird kritisiert, dass es eben dünn sei. Siehe oben. Aber vor allem die Monetarisierung steht im Fokus. F2P sei böse.
Angefangen etwa bei der Behauptung, dass die App eine Einstiegsdroge in eine Kasinosucht darstelle, da man Werbung gezeigt bekommt. Ma abgesehen davon, dass bei mir immer nur Werbung für Asia-MMO-RPG läuft. Stichwort: Werbe-ID löschen. Wer auf ein Gerät nur Coin Master lädt, der bekommt eben solche Werbung. Aber wo besteht der Zusammenhang zwischen Werbung und direkte Handlung? Bitte macht mir auch mal so eine Werbung, welche nach einmaligem View bei meinen „Kunden“ eine Sucht startet. Take my money!
Branchenkenner werden bei Coin Master die üblichen Monetarisierungen finden, welche zugegeben sehr gut umgesetzt wurden. Aber nicht so gut wie etwa bei Clash Royale. Man kann alles kaufen: Versuche/Spins, Truhen für Karten, Coins direkt. Man wird auch ständig dazu aufgefordert. Die Preise dafür sind im Rahmen der Storevorgaben mit über 100 Maximum. Achja, und selbstverständlich gibt es bei Facebook, Apple und Google unterschiedliche Preise fürs selbe Produkt. Das ist sehr oft der Fall, da die Margen der Storeanbieter auch unterschiedlich sind. Aber das ist völlig normal und viele App-Spieler kennen das und sind resistent. Wer das kritisch sieht, muss auch mal Idle Miner oder die neueren Angry Birds Apps kritisch betrachten. Diese richten sich ja mitunter direkt auch an Kinder.
Womit wir bei der „einen Bedingung“ von oben sind. Coin Master ist kein Spiel für Kinder. Coin Master ist nur für Leute, welche ihr Ausgabenverhalten unter Kontrolle haben. Fertig. Und das ist ja wohl so eine minimale soziale Anforderung an jeden, auch wenn selbst Millionäre daran scheitern. Besser man lernt es mit einem Spiel als mit… Pommes?!
Fortsetzung folgt.
Update vom 24.08.19: Die versprochene Fortsetzung der Auseinandersetzung mit der Coin Master Kritik ist da. Wieder hat der ÖR sich die App angeschaut, diesmal Herr Jörg Schieb beim WDR. Ist leider wesentlich oberflächlicher passiert, sodass unsere Antwort etwas länger ist: Coin Master ist KEIN Kinderspiel. Warnt eure Omas!