Star Wars als Open-World-Adventure? Noch vor wenigen Monaten hätte ich das als nicht umsetzbar bezeichnet. Schließlich gibt es im Star Wars-Universum zwar faszinierende Planeten, aber wer will schon Stunden damit verbringen, mit einem Speeder über die öden Dünen von Tatooine zu flitzen? Feuchtfarmen und Jawas sind nicht gerade der Stoff, aus dem die Träume eines Open-World-Abenteuers gemacht sind. Doch Ubisoft belehrt mich eines Besseren: Mit „Star Wars Outlaws“ gelingt es dem Studio, den Geist der Galaxis in einem Spiel einzufangen, das sich trotz seiner Mängel überraschend gut anfühlt.
Story und Atmosphäre: Altbekanntes trifft auf frische Akzente
Die Geschichte von „Star Wars Outlaws“ dreht sich um die junge Gaunerin K Vess, die sich zwischen den Ereignissen von Episode IV und V in der Casino-Metropole Cantobight durchschlägt. Nach einem schiefgelaufenen Auftrag findet sich K auf der Flucht vor Kopfgeldjägern wieder und muss eine Crew zusammenstellen, um den größten Raubüberfall der Galaxis zu planen. Innovativ ist das nicht, aber das muss es auch nicht sein. Denn obwohl K sich mit altbekannten Fraktionen wie Crimson Dawn oder den Hutten auseinandersetzen muss, gelingt es dem Spiel, die Hauptfiguren so darzustellen, dass man als Spieler mitfiebert. K, ihre Freundschaft zu ihrem kleinen Begleiter Nyx und die wechselhafte Beziehung zum Killerdroiden ND-5 verleihen dem Spiel Herz und Seele, wie man es in der Star Wars-Galaxie oft vermisst hat.
Ein großes Manko bleibt jedoch: Ubisoft verpasst die Chance, wirklich frische Akzente zu setzen. Statt auf neue, spannende Fraktionen des erweiterten Universums zurückzugreifen, wie etwa die Schwarze Sonne oder Talon Karrde, bekommen wir altbekannte Namen präsentiert. Der neue Ashiga-Clan auf Kijimi bleibt blass und wirkt kaum wie ein ernstzunehmendes Gangstersyndikat. Dennoch schafft es das Spiel, durch die emotionale Entwicklung der Charaktere und ihre dynamische Interaktion eine spannende Story zu erzählen.
Gameplay: Solide, aber nicht herausragend
„Star Wars Outlaws“ orientiert sich stark an der klassischen Ubisoft-Formel: Man klettert, schießt und löst gelegentliche Rätsel. Während die Kämpfe mit den typischen Blastergefechten und den immer gleichen rudimentären Deckungsshootouts keinen Preis für Innovation gewinnen, sind sie dennoch unterhaltsam. Die Möglichkeit, auch mal zur Knarre eines Gegners zu greifen, bringt etwas Abwechslung, doch im Kern bleibt es recht simpel. Das Schleichen nimmt in vielen Missionen eine zentrale Rolle ein, was nicht zuletzt durch das suboptimale Feindverhalten oft frustrierend sein kann. Gerade, wenn die Gegner aus 3 Kilometern Entfernung plötzlich doch einen Blick auf K werfen, nur um im nächsten Moment von einem Takedown überrascht zu werden, der eigentlich gar nicht möglich war, wünscht man sich mehr Feinschliff.
Die Open-World-Elemente sind eher begrenzt und Ubisoft-typisch. Man reist von Planet zu Planet, infiltriert Basen und sammelt Ressourcen. Besonders gelungen ist hierbei die Inszenierung der Nebenmissionen, die oft eine Qualität erreichen, die man sonst nur aus Hauptmissionen kennt. Auch wenn die Welt von „Outlaws“ nicht an die Tiefe eines „Red Dead Redemption 2“ herankommt, bietet sie genug Abwechslung, um den Spieler bei der Stange zu halten. Besonders positiv fällt auf, dass es auf den Planeten nicht vor Fragezeichen und Sammlerobjekten wimmelt. Stattdessen muss man sich Hinweise erarbeiten, indem man NPCs belauscht oder Missionen erledigt.
Open World: Ein Star Wars Themenpark
Im Gegensatz zu anderen Open-World-Spielen bietet „Star Wars Outlaws“ eine kompakte, aber gut gefüllte Welt. Statt Hunderter imperialer Festungen gibt es auf Tochara nur zwei oder drei, die dafür umso komplexer gestaltet sind. Das Erkundungssystem ist dabei so aufgebaut, dass sich jeder Erfolg wie ein eigener kleiner Triumph anfühlt. Eine willkommene Abwechslung zur üblichen Ubisoft-Formel, die oft in einem Meer aus Icons ertrinkt.
Ein besonderer Pluspunkt ist der Begleiter Nyx, der sich als essenziell für das Gameplay erweist. Ob als kleiner, flinker Helfer beim Hacken oder als Ablenkung für Gegner – Nyx bringt frischen Wind in die altbekannte Ubisoft-Dreifaltigkeit aus Klettern, Schießen und Rätseln. Doch so sehr man die Freiheit bei der Erkundung und den kleinen Missionen genießen kann, bleibt das Spiel im Großen und Ganzen ein wenig hinter den Erwartungen zurück.
Technik und Präsentation: Schöne Welten, schlechte Gesichter
Auf technischer Seite bietet „Star Wars Outlaws“ eine zwiespältige Erfahrung. Während die Welten mit viel Liebe zum Detail gestaltet sind und besonders auf dem PC mit Raytracing ein echter Hingucker sein können, bleiben die Gesichtsanimationen der Charaktere ein großes Manko. Die NPCs wirken oft leblos und steif, und selbst K kann ihre Emotionen nicht immer überzeugend rüberbringen.
Die Leistung des Spiels ist auf den meisten Systemen solide, auch wenn es auf dem PC bei maximalen Einstellungen zu Framerate-Einbrüchen kommen kann. Hier ist noch Raum für Optimierung, besonders bei den neuen Technologien wie RTX Direct Lighting. Konsolenspieler dürfen sich auf verschiedene Performance-Modi freuen, doch auch hier sind die Unterschiede eher subtil.
Fazit: Ein guter Schritt in die richtige Richtung
„Star Wars Outlaws“ ist kein Meilenstein, aber ein solides Spiel, das es schafft, den Geist des Star Wars-Universums einzufangen. Es bietet genug Unterhaltung und Abwechslung, um Fans der Reihe bei Laune zu halten, auch wenn es an einigen Stellen hapert. Die Charaktere, besonders K und Nyx, wachsen einem schnell ans Herz, und die Welt lädt zum Erkunden ein, auch wenn sie nicht ganz an die Tiefe anderer Open-World-Spiele herankommt. Ubisoft hat hier eine gute Grundlage gelegt, auf der sich in Zukunft aufbauen lässt. Es bleibt zu hoffen, dass ein möglicher Nachfolger die Schwächen des ersten Teils ausbessert und das Potenzial dieser neuen Star Wars-Erfahrung voll ausschöpfen kann.