Wer hätte gedacht, dass Age of Empires, dieses altehrwürdige Strategiespiel, irgendwann als fragwürdiger Mobile-Port sein Comeback feiern würde? In dieser Version scheint das Kaiserreich längst in der Vergessenheit verschwunden zu sein, und die Barbaren überrennen das Land – die „Barbaren“ sind in diesem Fall allerdings der Entwickler, der dem Ganzen ein märchenhaftes Story-Intro verpasst hat. Eine Prinzessin, die angeblich handwerklich begabt ist, flüchtet in irgendeine Stadt, ein muskulöser Ritter fängt heldenhaft einen Pfeil mit der Brust – ach ja, und das alles könnte man zum Glück überspringen. Es bleibt jedoch die Frage: Muss man sich diese Tortur antun?
Eine Story zum Vergessen – ein Alptraum für Klassiker-Fans
Man erwartet einen epischen Start in ein strategisches Meisterwerk – was jedoch geliefert wird, ist eine düstere Parodie. Die Handlung? Ein Mix aus Drama und Fantasy, die eher an ein durchschnittliches Mobile-Rollenspiel erinnert als an die fein abgestimmten strategischen Züge des Originals. Ein zerbrochenes heiliges Schwert, eine weinende Prinzessin, und mitten drin „Josefine“, die sich in bester Mittelalter-Designerkleidung im Lager nützlich macht. Wenn das keine Vorlage für eine Comedy-Serie ist! „Schön, dass es oben rechts den Überspringen-Button gibt,“ möchte man meinen – es sei denn, man ist eingefleischter Fan des Originals und erwartet tatsächlich Spannung.
Ressourcen sammeln und warten – Willkommen in der Mobile-Gaming-Wüste
Es gibt sie noch, die Ressourcen. Nennen wir sie Holz, Gold, Stein – doch das ist kein Age of Empires, wie wir es kannten. Statt die eigenen Einheiten geschickt über das Spielfeld zu lenken und ein Empire aufzubauen, heißt es hier: warten, warten, warten. Sobald das Tutorial einen glauben lässt, dass man zur Tat schreiten kann, wird einem klar, dass der Aufbau eines Imperiums länger dauert als ein Film von Peter Jackson. Jede bedeutende Verbesserung? Stunden oder gar Tage – es sei denn, man will sich die Wartezeit mit einem guten alten In-App-Kauf versüßen.
Auto-Battles und der Verlust von Strategie
Einst die Königsdisziplin: die taktische Schlacht. Aber das war einmal. Age of Empires Mobile bietet etwas Neues – nennen wir es die „Blob-Taktik“. Einheiten werden nicht mehr einzeln kommandiert, nein, sie scharen sich in Klumpen und marschieren fast hypnotisiert auf den Gegner zu. Spannung? Fehlanzeige. Wenn die Gesundheit des Gegners schneller auf Null sinkt als die eigene, gewinnt man. Die „Kämpfe“ sind alles andere als episch, und die fehlende taktische Tiefe sorgt dafür, dass man mehr Zeit mit dem Zuschauen verbringt als mit echtem Einsatz.
Legendäre Helden oder die Frage: Wer braucht das eigentlich?
Über 40 Helden – Julius Cäsar, Jeanne d’Arc und Musashi stehen bereit. Das klingt grandios, doch was bieten sie? Neben ein paar passiven Boni und etwas Unterstützung in den Auto-Battles kaum etwas. Diese Legenden der Geschichte stehen einträchtig nebeneinander, ohne wirklich aus der Masse der Truppen hervorzustechen. Es scheint, als hätten die Entwickler einfach eine Liste der „10 coolsten Namen der Geschichte“ erstellt, um das Fehlen echter strategischer Finesse zu kaschieren.
Wetter und Gelände – Als hätte man daran gedacht!
Während die Grafik durchaus ihren Reiz hat und das Wetter gelegentlich die Sicht trübt, ist es letztlich nur ein Schatten dessen, was möglich wäre. Regen, Nebel und Blitzgewitter mögen zunächst interessant klingen, aber wie genau beeinflussen sie das Spiel? Kaum. Statt Einfluss auf die Strategie zu haben, scheint das Wetter eher eine kosmetische Funktion zu erfüllen, die das Eintönige in ein hübsches Gewand kleidet.
Fazit: Wenn das Kaiserreich in die Bedeutungslosigkeit driftet
Age of Empires Mobile versucht, den Glanz des Originals für die Mobile-Generation wiederzubeleben – und versagt auf ganzer Linie. Statt eines dynamischen Strategiespiels bietet es ein entkerntes Erlebnis, das seinen Namen kaum verdient. Strategie, Taktik und die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, bleiben auf der Strecke. Man spürt die Abwesenheit des alten Kaiserreichs, und das Mobile-Port scheint nichts weiter als ein Schatten des glorreichen Originalspiels zu sein.
In einer Welt, in der das ikonische Age of Empires als seelenloser Mobile-Klon auftaucht, möchte man fast zum alten PC greifen und das Original installieren – ein wahres Königreich, das diesem schwachen Abklatsch weit überlegen ist.
Was die ganze Sache noch mysteriöser macht: Weder bei Google Play noch bei iTunes gibt es derzeit irgendwelche Reviews zu Age of Empires Mobile. Das ist mehr als ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass solche Blockbuster-Titel normalerweise schon in den ersten Tagen eine Flut an Bewertungen und Kommentaren generieren. Was ist hier los? Ist die Community so ernüchtert, dass sie sich einfach gar nicht erst die Mühe macht, eine Meinung abzugeben – oder werden hier vielleicht doch gezielt Meinungen zurückgehalten? Ein Spiel mit einem so großen Namen und keine einzige Stimme dazu – das riecht verdächtig.
Update: Nun gibt es Reviews im Store und mit 3 Sternen ist die App bewertet: Age of Empires Mobile – Wie man ein Kaiserreich in den Taschenflusen verliert
Die Frage ist übrigens jetzt beantwortet: Könnte Age of Empires Mobile das nächste große Ding in deinem Smartphone werden? – Check-App mit (nein).
Ein Kommentar
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