Es begann mit einem harmlosen Wunsch: Ich wollte ein schlichtes Niki-Oberteil kaufen. Dunkelblau, vielleicht mit einem kleinen Logo eines Katzenpanzers, nichts Besonderes. Doch dank der neuen internationalen Marktplatz-Funktion von Vinted fand ich mich plötzlich in einem Dialog mit Juan Carlos aus Cordoba wieder, welcher jetzt in Italien wohnt. Statt eines Nikis lag ein Cordhosen-Paket im Wert von 4,50 Euro, Versand 12 Euro, auf meinem Schreibtisch. Zugegeben, der Stoff ist hochwertig. Aber warum hatte ich keine Möglichkeit, nach Deutschland zu filtern? Diese Erfahrung brachte mich dazu, die aktuellen Google-Play-Bewertungen von Vinted erneut unter die Lupe zu nehmen. Und ich war nicht allein mit meiner Verwirrung.
Glücklicherweise hat sich Vinted wieder zu den Kritikpunkten geäußert (lies auch: Das sagt Vinted: Neue Funktionen für internationalen Handel erklärt) und uns Input zu den Kritikpunkten geschickt. Dadurch können wir diesen Beitrag noch ausgewogener gestalten und die verschiedenen Perspektiven beleuchten.
Die Nutzerkritik: Was steckt hinter den 1-Stern-Bewertungen?
Die Secondhand-Plattform Vinted war lange eine der beliebtesten Adressen für nachhaltiges Shopping. Doch seit den Änderungen im internationalen Handel – darunter automatische Übersetzungen, einheitliche Versandkosten und erweiterter Käuferschutz – häufen sich die kritischen Stimmen. Wir berichteten hier und hier im Oktober sowie hier im Dezember. Man, das brachte aber auch Klicks, das Thema.
Nun wollten wir also dran bleiben und haben nochmal die KI mit einer „kleinen Stichprobe“ von 25.000 Reviews gefüttert und daraus solche rausgefiltert, welche sich auf aktuelle Probleme beziehen. Okay, etwas Lob gibt es auch.
Unsere Analyse von den danach übrig gebliebenen 1.534 aktuellen Google-Play-Bewertungen im Januar 2025 ergab eine durchschnittliche Bewertung von nur 2,39 Sternen auf Android. Generell wird die App mit so 3 Sternen derzeit bewertet. Hauptkritikpunkte sind:
1. Fehlende Filteroptionen
Viele Nutzer berichten, dass sie Artikel aus Frankreich oder Italien angezeigt bekommen, obwohl sie gezielt in Deutschland suchen. Ein fehlender Länderfilter sorgt für Frust.
Nutzerstimme: „Seit dem neuen Update werden mir fast nur Sachen aus Frankreich und Italien angezeigt. Man kann das Land nicht ändern. Das macht die Suche unübersichtlich.“
Vinted dazu: Die Plattform betont, dass die Erweiterung des Marktes den Vorteil einer deutlich größeren Auswahl an Secondhand-Artikeln bietet. Zudem würden Algorithmen den Standort der Nutzer*innen berücksichtigen, um ein ausgeglichenes Suchergebnis zu gewährleisten.
2. Probleme mit internationalen Artikeln
Die größere Auswahl ist zwar gut gemeint, doch viele Nutzer beklagen, dass internationale Artikel oft irrelevant sind oder sprachliche Barrieren den Kauf erschweren.
Nutzerstimme: „Die Kommunikation klappt nicht und die Lieferzeiten sind viel zu lang. Ein Filter für Länder wäre dringend nötig.“
Vinted dazu: Internationale Bestellungen ermöglichen es, seltene oder schwer zu findende Trend-Teile zu entdecken. Die automatische Übersetzung soll helfen, Missverständnisse zu reduzieren, wird aber von einigen Nutzern als ungenau wahrgenommen.
3. Kulturelle Unterschiede bei Preisverhandlungen
Einige Nutzer empfinden die Preisverhandlungsstrategien in anderen Ländern als gewöhnungsbedürftig. In Deutschland eher unüblich, sind in Frankreich oder Italien größere Rabatte oder Preisvorschläge an der Tagesordnung.
Nutzerstimme: „Kleiderkreisel war super, aber jetzt werden fast nur noch Artikel aus Frankreich angezeigt. Dort wird anders gehandelt, das ist mir zu stressig.“
Vinted dazu: Vinted verweist auf die Vorteile einer globaleren Plattform: Mitglieder können aus einem vielfältigeren Angebot wählen und von internationalen Preisstrategien profitieren. Für manche erfordert dies eine gewisse Eingewöhnung.
4. Versandkosten und -optionen
Neben den höheren internationalen Versandkosten beklagen einige Nutzer, dass sie gezwungen sind, bestimmte Versanddienstleister zu nutzen, die nicht in ihrer Nähe sind.
Nutzerstimme: „Ich kann nicht mehr selbst entscheiden, welchen Versanddienstleister ich nutze. UPS ist 30 km entfernt. Total unpraktisch.“
Vinted dazu: Die Plattform verweist auf erweiterte Abhol- und Abgabestellen sowie Rabatte, die den internationalen Versand bereits ab 1,39 Euro ermöglichen.
5. Allgemeine Frustration über die App
Langjährige Nutzer kritisieren, dass Vinted durch neue Regeln weniger benutzerfreundlich geworden sei. Besonders das geänderte Bewertungssystem sorgt für Verwirrung, da Transaktionen außerhalb des Vinted-Systems nicht mehr bewertet werden können.
Nutzerstimme: „Ich kann Verkäufe außerhalb des Systems nicht mehr bewerten. Das macht es schwerer, Betrüger zu erkennen.“
Vinted dazu: Das Unternehmen empfiehlt, stets das interne System zu nutzen, um im Falle eines Problems auf den Käuferschutz zurückgreifen zu können.
Aber nicht alles ist schlecht
Trotz der Kritik gibt es auch lobende Stimmen. Einige Nutzer schätzen die erweiterten Versandoptionen und den Käuferschutz:
„Der internationale Versand ist jetzt viel einfacher. Ich konnte problemlos ein Markenhemd aus Frankreich bestellen, und alles lief reibungslos.“ – Bewertung, 5 Sterne
Andere heben hervor, dass sie durch die größere Auswahl seltene Artikel gefunden haben:
„Ich habe ein Kleid aus Italien gefunden, das ich seit Jahren gesucht habe. Das hätte ich ohne die neuen Funktionen nie geschafft.“ – Bewertung, 4 Sterne
Fazit: Eine Plattform im Wandel
Vinted steht vor der Herausforderung, eine größere internationale Auswahl mit der Benutzerfreundlichkeit einer lokalen Plattform in Einklang zu bringen. Die Kritik an der fehlenden Länderfilter-Funktion ist aktuell der wohl lauteste Punkt. Gleichzeitig eröffnet die Internationalisierung auch neue Möglichkeiten für Schnäppchenjäger und Modefans. Es bleibt spannend, wie Vinted auf das Feedback reagiert – und ob ich in Zukunft doch noch ein Niki finde, ohne noch eine Cordoba-Cordhouse zu importieren.