„Ich versende nur noch innerhalb Deutschlands.“
„Wegen den Franzosen hab ich die App gelöscht.“
„Mit Italien nur Stress.“
So oder so ähnlich lesen sich hunderte Kommentare unter aktuellen TikTok-Clips rund um die Secondhand-Plattform Vinted. Die Wut ist groß – mal geht’s um Rückgaben aus Frankreich, mal um verwirrende Bestellungen aus Italien. In unserem letzten Artikel „Italienische Deals und französische Retouren“ haben wir das alles sachlich zusammengefasst: Die App hat technische Schwächen, einen Support wie aus dem Winterschlaf und keine brauchbaren Länderfilter.
Aber jetzt mal unter uns: Nicht jedes Problem auf Vinted kommt aus dem Ausland. Und vor allem nicht jede schlechte Erfahrung ist ein Fall für die Plattform-Polizei.
Wir schauen auf zwei aktuelle TikTok-Fälle – und erklären, warum Vinted bei aller berechtigten Kritik nicht der Sündenbock für alles sein sollte.
Fall 1: Die Shein-Hose, das Etikett und der moralische Rückzieher
Ein Screenshot geht viral: Eine Käuferin aus Italien meldet eine Hose auf Vinted als „falscher Artikel“. Sie wurde als „Marke: Sonstiges“ eingestellt – doch auf dem Foto sieht man deutlich ein Shein-Etikett. Ihre Begründung: Sie trage keine Shein-Kleidung, das sei qualitativ minderwertig. Rückgabe? Fehlanzeige. Sie fordert eine Rückerstattung ohne Rückversand. Und bekommt sie auch.
Die Verkäuferin geht leer aus. Null Euro. Nur Frust.
Die Folge: Ein Aufschrei in der Community. Shein sei kein Betrug, sondern Alltag. Die Marke sei klar erkennbar gewesen. Warum also der Vorwurf? Und warum gibt Vinted der Käuferin recht?
Die Antwort ist simpel: Vinted hat keine Pflicht zur Markenangabe – aber eben auch keine Pflicht, dich als Verkäufer:in zu verteidigen.
Fall 2: Pommesduft, Plastiktüte und zwei Hosen für fünf Euro
Der zweite TikTok-Clip erzählt eine ganz andere Geschichte. Eine Nutzerin bestellt zwei Hosen – aus Italien. Verpackt in einer riesigen Plastiktüte mit Klebeband, „wie von ’nem Pool“. Statt Frust? Freude. Die Hosen kommen an, eine passt perfekt, die andere ist zu kurz. Und das war’s. Keine Rückgabe, kein Drama.
Fun Fact: Frühere Bestellungen aus Frankreich hätten „nach Pommes-Pool gerochen“. Auch das sagt sie mit einem Lachen, nicht mit Hass.
Die Community? Entspannt. Kein Shitstorm. Kein Plattform-Bashing. Einfach nur: Realität im Secondhand-Alltag.
Rückgaben bei Vinted aus Frankreich – wirklich ein strukturelles Problem?
Natürlich berichten viele Nutzer:innen, dass es bei Rückgaben aus Frankreich oder Käufen in Italien häufiger zu Problemen kommt. Häufig genannte Beschwerden:
- Unbegründete Rücksendungen, besonders bei „falscher Artikel“
- Kommunikationsprobleme, wenn automatische Übersetzungen versagen
- Gerüche oder abweichende Verpackungsstile, die als unüblich empfunden werden
- Kein funktionierender Länderfilter, um gezielt nationale oder internationale Angebote zu filtern
Aber mal ehrlich: Ist das ein spezifisches Frankreich-Italien-Vinted-Problem? Oder schlicht eine logische Folge des internationalen Handels ohne klare Regeln?
Zwischen Anspruch und Realität: Was Vinted leisten kann – und was nicht
Hier liegt der eigentliche Kern der Debatte: Viele Vinted-Nutzer:innen erwarten von der Plattform eine Art Fairness-Garantie. Sie soll Rückgaben regeln, Etikettenschwindel verhindern, Betrüger aussortieren und Kulturunterschiede moderieren. Nur: Das kann kein System leisten – schon gar nicht eines, das auf Selbstverantwortung basiert.
Vinted ist kein Online-Shop mit Qualitätsprüfung. Es ist ein Marktplatz.
Wie eBay früher. Nur hübscher.
Und wie bei jedem Marktplatz gilt: Die Erfahrung steht und fällt mit den Menschen, nicht mit dem Code.
Vinted und der Shein-Betrug – oder: Was ist eigentlich Transparenz?
Der Streit um Shein zeigt, wie schnell sich ein kleiner Etikettenkonflikt zum großen Drama aufbläht. Die einen fühlen sich moralisch überlegen, weil sie Fast Fashion boykottieren. Die anderen ärgern sich, dass das zum Rückgabegrund wird. Und die Plattform? Hält sich raus. Denn sie weiß: Markenwerte sind subjektiv. Regeln sind objektiv.
Deshalb wäre es sinnvoll, wenn Vinted:
- Ein verpflichtendes Markenfeld einführt
- Verkäufer:innen verpflichtet, Etiketten sichtbar zu fotografieren
- Einen Hinweis auf geruchs- oder größenrelevante Faktoren einfügt
- Rückgaben mit Beweisfotos an klare Richtlinien bindet
Aber bis dahin gilt: Wenn du auf Vinted kaufst oder verkaufst, brauchst du Geduld. Und ein bisschen Humor. Oder zumindest keine Abneigung gegen Plastikplanen aus Neapel.
Fazit: Vinted Probleme mit Italien und Frankreich – ein echtes Thema, aber nicht immer die Schuld der App
Ja, es gibt Vinted-Probleme mit Verkäufen aus Italien. Und ja, auch Rückgaben aus Frankreich sind teilweise willkürlich. Aber statt reflexhaft zu sagen: „Nie wieder Ausland!“, sollten wir überlegen, ob wir von einer simplen Secondhand-App nicht einfach zu viel erwarten.
Zwei Nutzer:innen, zwei Bestellungen, zwei ganz unterschiedliche Erfahrungen. Mal Drama. Mal Zufriedenheit. Mal Frust über Shein, mal Freude über 5-Euro-Schnäppchen. Was das zeigt? Nicht die Plattform entscheidet, wie wir mit ihr umgehen. Sondern wir.