Es gibt Spiele, die altern wie Betonrampen – stabil, verlässlich, fast unzerstörbar. Tony Hawk’s Pro Skater 3 + 4 kehrt am 11. Juli zurück – und mit ihm ein ganzes Lebensgefühl aus Pop-Punk, Baggy-Jeans und endlosen Manuals über Schulhöfe, die man nie betreten hat. Doch diesmal ist es mehr als Nostalgie: Es ist ein Versuch, Geschichte zu rekonstruieren. Nicht zu imitieren. Sondern zu verfeinern.
Remaster, Redux oder doch Reanimation?
Was hier auf uns zurollt, ist kein bloßes Update. Iron Galaxy und Activision bauen das Doppelpack von Grund auf neu – als Fortsetzung der gefeierten Neuauflagen von Teil 1+2. Dass dabei nicht einfach nur Texturen ausgetauscht wurden, zeigt sich an kleinen Details: neue Skater, neue Parks (endlich!), ein überarbeiteter Soundtrack und vor allem: plattformübergreifender Online-Multiplayer. Das klingt nach Fortschritt – aber birgt auch die Gefahr, dass der rebellische Geist von einst in Menüs und Freischaltlisten erstickt.
Die Generation Switch trifft auf das Birdhouse-Board
Natürlich ist Tony dabei. Ebenso wie Caballero, Muska und Steamer. Doch diesmal stehen sie nicht allein. Mit Skatern wie Rayssa Leal oder Yuto Horigome wird deutlich: Das Spiel richtet sich nicht nur an Veteranen, die ihren ersten Heelflip 2001 pixelig verpatzten – sondern auch an eine neue Generation, die Skateboarding aus TikTok kennt. Die Kollaboration der Generationen, elegant verpackt in einem Trick-System, das heute wie damals dieselben Reflexe braucht: Balance, Rhythmus und ein bisschen Wahnsinn.
Soundtrack: zwischen Wut und Wehmut
„96 Quite Bitter Beings“, „Ace of Spades“, „Amoeba“. Diese Songs sind keine Hintergrundmusik, sie waren das Spiel. Sie waren Skateboarding auf dem Sofa, im Kinderzimmer, mit viel zu lauter Anlage. Dass viele dieser Tracks zurückkehren, ist keine Selbstverständlichkeit – es ist ein kultureller Coup. Die neuen Stücke? Müssen sich beweisen. Vielleicht werden sie nie „so ikonisch“. Vielleicht ist das auch gut so.
Ein bisschen zu viel? Vielleicht. Aber mit Absicht.
Deluxe Edition, Wireframe Tony Shader, Foundry-Demo, Doom Slayer als Bonuscharakter – man kann all das kritisieren. Oder man akzeptiert, dass diese Form der Veröffentlichung längst Teil des Spiels geworden ist. Wer früher Sticker sammelte, freut sich heute über ein virtuelles Skateboard mit Unterschrift. Der Kapitalismus fährt mit, keine Frage. Aber solange der Grind flüssig bleibt, lassen wir ihn gewähren.
Fazit: ein Spiel mit klarer Linie, aber offener Seele
Tony Hawk’s Pro Skater 3 + 4 will nicht nur rekonstruieren, sondern erinnern. An das Gefühl, dass ein guter Line aus Trick, Beat und Flow mehr sein kann als Unterhaltung. Dass ein Spiel mehr sein kann als Highscores und Sammelobjekte – nämlich ein Ort, an dem Identität entsteht. Oder zumindest gepflegt wird.
Ob das am 11. Juli gelingt? Keine Ahnung. Aber es gibt Spiele, die verdienen keinen Zynismus. Sondern einen freien Platz im digitalen Skatepark.