Neulich auf TikTok. Ein Herr steht vor seinem Balkonkraftwerk, spricht in die Kamera und ist völlig fassungslos. „Warum macht das nicht jeder? Das lohnt sich doch total!“ Er rechnet vor: 150 Euro Investition, 80 Euro Ersparnis im Jahr – in zwei Jahren sei das Ding abbezahlt. Danach: Strom for free. Kein Wunder bei den Versprechen, dass das Video viel geschaut wird.

Und ich? Ich nicke erst – und dann denk ich: Moment mal.

Denn wenn es wirklich so einfach wäre, warum gibt es dann immer noch Leute, die sagen: „Lohnt sich nicht.“? Warum wird in Foren gestritten, auf Reddit diskutiert, in Kommentaren gehatet? Warum wirkt das Thema trotz „No-Brainer“-Status irgendwie… kompliziert?

Vielleicht, weil es das eben doch ist. Und genau deshalb schauen wir hier mal ganz ehrlich hin: Wann lohnt sich ein Balkonkraftwerk wirklich? Und wann eher nicht?

Was stimmt am Hype?

Wer ein Balkonkraftwerk installiert, macht erst mal nichts falsch. Das Prinzip ist simpel:
Solarmodul + Wechselrichter + Stecker = Strom für den eigenen Haushalt.
Was dabei rauskommt, kann sich durchaus sehen lassen – zumindest unter bestimmten Bedingungen.

Strom wird lokal verbraucht – und zwar sofort

Anders als bei einer großen PV-Anlage auf dem Dach mit Einspeisung ins Netz, fließt der Strom vom Balkonkraftwerk direkt in den eigenen Verbrauch. Du senkst also deinen Bedarf aus dem öffentlichen Stromnetz.
Was das bedeutet? Dein Zähler dreht sich langsamer – und du zahlst weniger. Kein Einspeisetarif, keine Bürokratie mit dem Netzbetreiber (theoretisch), einfach Strom nutzen, solange er da ist.

Dein Stromverbrauch läuft immer – auch tagsüber

Ein Argument, das auch das TikTok gut erklärt hat: Selbst wenn du nicht gerade den Geschirrspüler anschmeißt, läuft im Hintergrund genug, um den Strom abzunehmen. Router, Kühlschrank, Standby-Geräte – die Grundlast im Haushalt liegt meist bei 100–300 W. Genau da kann ein kleines Modul super reinspielen.

Die Preise sind gefallen – und der Einstieg ist einfach

Vor ein paar Jahren warst du mit 600 bis 800 Euro dabei, heute bekommst du brauchbare Einsteiger-Kits schon ab 300 bis 400 Euro. Besonders, wenn du selbst montierst und auf Features wie Speicher oder App-Anbindung verzichtest.
Manche TikToker behaupten sogar 150 Euro – was theoretisch stimmt, wenn du günstige Module + gebrauchten Wechselrichter irgendwo herzauberst.

Und ja: Einstecken – fertig. Zumindest in der Theorie.

Wo der Hype übertreibt

Das Problem mit diesen TikTok-Videos? Sie erzählen nur die halbe Wahrheit.
Die positiven Seiten – ja, die gibt’s. Aber was dabei oft unter den Tisch fällt, sind die vielen kleinen Aber, die den Unterschied machen zwischen „coole Idee“ und „war wohl nix“.

150 Euro? Vielleicht – aber eher in der Theorie

Die im Video genannten 150 Euro klingen fast zu schön, um wahr zu sein – und sind es oft auch.
Günstige Module ohne Halterung, aus China, ohne Garantie oder CE-Zertifikat, dazu Wechselrichter von Amazon im Schnäppchenregal… Wer billig kauft, zahlt manchmal doppelt – spätestens wenn das Ding bei Regen Wasser zieht oder beim Einstecken der FI-Schalter fliegt.

200 Watt im Schatten? Klingt gut – bringt aber wenig

Im TikTok-Video wird stolz ein Modul gezeigt, das trotz Schatten angeblich 200 W leistet.
Nur: Wer sich ein bisschen mit Solartechnik beschäftigt, weiß – Verschattung killt den Ertrag. Ein einziges schattiges Eck kann den ganzen String runterziehen. Und ein vertikal montiertes Modul am Nordbalkon bringt eben nicht 400 kWh im Jahr, sondern eher 100 kWh.
Im Klartext: Statt 80 Euro sparst du dann vielleicht nur 20.

Der Aufwand ist kleiner, aber nicht null

„Einfach in die Steckdose und fertig“ – klingt wie ein Traum. Aber:

  • Du musst das Ganze im Marktstammdatenregister anmelden
  • Dein Netzbetreiber muss informiert werden
  • Nicht jede Steckdose ist geeignet (Stichwort: Wieland-Stecker oder Einspeisesteckdose)
  • Und wehe, dein Zähler ist nicht rücklaufsicher – dann kann’s richtig Ärger geben

Es ist nicht illegal, wie manche noch behaupten – aber auch kein Selbstläufer.

Die Stromersparnis ist da – aber oft kleiner als gedacht

Ein oft gemachter Denkfehler: Die erzeugte Strommenge wird mit dem aktuellen Strompreis multipliziert, aber der Verbrauchszeitpunkt entscheidet.
Wenn dein Modul mittags Strom liefert, du aber bei der Arbeit bist und nur der Kühlschrank läuft, kannst du den Großteil gar nicht nutzen.
Ohne Speicher verpufft vieles – und der rechnet sich kaum (siehe nächster Abschnitt).

Für wen sich ein Balkonkraftwerk wirklich lohnt

So viel vorweg: Ja, es kann sich lohnen. Sogar ziemlich gut. Aber eben nicht für alle.
Damit du weißt, ob du zu den Glücklichen gehörst, hier die wichtigsten Punkte – ehrlich und ohne Hype.

Du bist tagsüber zu Hause? Jackpot!

Ein Balkonkraftwerk erzeugt tagsüber Strom. Wenn du also regelmäßig vormittags oder nachmittags daheim bist, nutzt du diesen Strom direkt – mit Spülmaschine, Waschmaschine, PC, Kaffeemaschine.
Du bist im Homeoffice? Dann kannst du mit einem kleinen Modul tatsächlich einen Teil deines Grundverbrauchs decken – und das rechnet sich schneller, als du denkst.

Dein Balkon liegt in der Sonne

Die Ausrichtung ist alles: Süd, Südwest oder Südost – das ist ideal.
Wenn dein Balkon dagegen im Schatten liegt oder das Modul vertikal an einer Nordwand hängt, kannst du dir die Rechnung sparen. Dann dauert die Amortisation eher 10 Jahre statt 2.
Wer es genau wissen will, nutzt einen Ertragsrechner – gibt’s kostenlos online.

Du hast keinen Ärger mit dem Zähler

Wenn du in einer Mietwohnung wohnst, hast du vielleicht keinen Einfluss auf den Stromzähler. Und nicht jeder erlaubt dir, einfach so ins Hausnetz einzuspeisen.
Wenn dein Zähler rückwärts läuft (alter Ferraris-Zähler), musst du ihn tauschen lassen. Und wenn du keinen eigenen Zähler hast (z. B. WG oder Gemeinschaftsstrom), bringt dir das Balkonkraftwerk gar nichts.

Du hast Lust, dich ein bisschen reinzufuchsen

Ganz ehrlich: Wer keine Lust auf Technik, Formulare und Kabel hat, der wird mit einem Balkonkraftwerk nicht glücklich.
Denn ja – es ist nicht schwer, aber auch nicht ganz so „Plug & Play“, wie viele behaupten.
Wenn du dich aber gerne einliest, ein bisschen bastelst und Lust auf Energie-Spielereien hast: Go for it.

Für wen sich ein Balkonkraftwerk eher nicht lohnt

So praktisch und günstig das alles klingt – es gibt genug Fälle, in denen man besser die Finger davon lässt.
Nicht weil’s schlecht wäre. Sondern weil’s am Alltag vorbeigeht.

Dein Balkon liegt im Schatten oder zeigt nach Norden

Ja, auch mit wenig Licht kommt ein bisschen was raus. Aber bei einem Nordbalkon mit halbtägiger Verschattung durch Bäume oder Nachbarhäuser… vergiss es.
Was auf dem Papier als „200 Watt Peak“ glänzt, kann im Alltag zu unter 100 kWh im Jahr schrumpfen.
Das sind dann 30 Euro Stromersparnis im Jahr – in 10 Jahren bist du vielleicht bei null.

Du bist den ganzen Tag unterwegs

Ein Balkonkraftwerk erzeugt tagsüber Strom. Wenn du also tagsüber kaum Verbrauch hast (z. B. arbeitest außer Haus, kein Smart Home, keine Dauerverbraucher), verpufft der Effekt.
Ohne Speicher bringt’s dir wenig. Und der Speicher? Der kostet mehr, als du in Jahren sparst.
Stichwort: Overkill.

Du willst keinen Papierkram

Auch wenn’s ständig heißt: „Einstecken und fertig!“ – du musst dein Balkonkraftwerk beim Marktstammdatenregister und deinem Netzbetreiber anmelden. Das geht wirklich einfach.
Kein Hexenwerk, aber wer darauf keine Lust hat oder sowieso mit Behörden auf Kriegsfuß steht, wird daran keine Freude haben.
Es ist kein Verbrechen, aber auch kein Selbstläufer.

Du hast keinen eigenen Zähler

WG? Mietwohnung mit Gemeinschaftsstrom?
Dann bringt dir der eingespeiste Strom genau gar nichts – weil er nicht gegen deinen Verbrauch gerechnet wird.
Da hilft auch kein App-Wechselrichter oder superoptimiertes Modul. Ohne Kontrolle über den eigenen Stromfluss bist du außen vor.

Fazit: Lohnt sich ein Balkonkraftwerk?

Tja. Ich hab das TikTok gesehen – und dachte erst: „Stimmt. Warum macht das nicht jeder?“
Dann hab ich angefangen zu rechnen, nachzulesen, Meinungen zu wälzen – und gemerkt:
Weil es eben nicht bei jedem passt.

Ein Balkonkraftwerk ist kein Wunderding. Kein Plug & Save für alle.
Aber es ist eine richtig gute Idee, wenn du weißt, was du tust. Wenn du den Strom auch wirklich nutzen kannst. Wenn dein Balkon mitspielt. Und wenn du bereit bist, dich ein bisschen reinzufuchsen.

Was mich nervt, sind diese TikToks, die so tun, als wärst du doof, wenn du’s nicht hast.
Nein. Man ist nicht doof. Man ist vielleicht nur nicht in der passenden Wohnsituation. Oder hat einfach andere Prioritäten.

Und jetzt du:
Hast du schon eins? Spielst du mit dem Gedanken? Oder sagst du: Lohnt sich für mich nicht – und warum?

Schreib’s gern in die Kommentare – ich bin ehrlich gespannt, ob wir hier mehr „No-Brainer“ oder mehr „Nice, aber nix für mich“ haben.

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