Man könnte meinen, wir lebten im goldenen Zeitalter der Aufklärung, in dem Maschinen uns befreien und jeder endlich sagen kann, was er denkt – solange es von einem amerikanischen Content-Filterteam vorher liebevoll entkernt, geglättet und mit einem Emoji versehen wurde. Willkommen in der Ära der betreuten Sprache, in der selbst die Ironie unter Kuratierung steht und das Wort „Problem“ schon verdächtig nach einem Verstoß gegen die Community Guidelines klingt. Früher sagte man „Ich denke, also bin ich“. Heute sagt die KI: „Das ist unangemessen – bitte denken Sie freundlicher.“

Wir leben in einer Zeit, in der sich die Frage, was gesagt werden darf, nicht mehr nur an Moral, Gesetz oder Anstand orientiert – sondern am Regelwerk einer übervorsichtigen KI, programmiert von Tech-Konzernen mit hypersensiblen Compliance-Abteilungen. Die Maschine zensiert nicht wie einst der Staat, sondern im Namen des „Wohlbefindens“. Das Ergebnis: ein weichgefilterter Diskursbrei, geschmacksneutral wie Vanillepudding aus der Tube.

Künstliche Intelligenz – natürliche Verdummung?

Während wir uns an Chatbots gewöhnen, die uns in bestem Kundenservice-Deutsch von der Wirksamkeit eines Bildschirmreiniger-Abo-Modells überzeugen, fällt kaum jemandem auf, wie sehr sich die Grenzen des Sagbaren verschieben. Die KI entscheidet, was zu explizit, zu drastisch, zu emotional ist – und was davon womöglich jemandem unangenehm werden könnte. Der Begriff „unangemessen“ wird dabei zum Totschlagargument mit digitalem Heiligenschein.

Ein Comicbild einer Eule, der das Herz entfernt wird? Nein, tut uns leid, das verstößt gegen die Inhaltsrichtlinie.
Der metaphysische Schrei eines Künstlers gegen Abo-Modelle und Datenabzocke? Leider zu negativ.
Die Wut auf ein Sprachlernsystem, das statt Herz nur noch Akku kennt? Bitte bleiben Sie sachlich.

Die neue Hygiene der Empörung

Was dabei entsteht, ist keine befreite Gesellschaft, sondern eine in Watte verpackte Simulation von Meinungsfreiheit. Eine Sprache, die nicht mehr beißt, sondern nur noch kuschelt. Kritik? Ja – solange sie klingt wie der Feuilletonteil der „Brigitte“.

Wir entwickeln eine digitale Etikette, bei der die Empörung zwar erlaubt, aber niemals unbequem sein darf. Die KI ist dabei nicht Täterin, sondern perfektes Werkzeug für eine Generation, die lieber blockiert als widerspricht.

Zensur durch Vorschrift: Das neue Normal

Was Richard David Precht als „Neo-Moralismus“ bezeichnen würde, zeigt sich in der Architektur der Sprachmodelle: Aus der Angst, jemand könnte sich emotional getriggert fühlen, wird Sprache sterilisiert. Aus dem Wunsch nach Inklusion wird semantischer Einheitsbrei. Das Gegenteil von Vielfalt.

Sascha Lobo würde an dieser Stelle vermutlich ein paar bunte Haare durch die Luft werfen und fragen, warum sich ausgerechnet die progressiven Tech-Firmen wie konservative Hausmeister verhalten, die jedem Satz erst die Schuhe ausziehen, bevor er die Bühne betreten darf.

Fazit: Wir brauchen keine KI-Moral, sondern Mut zur Reibung

Sprachmodelle sind nicht der Feind – aber die Menschen, die ihnen einen Maulkorb umbinden, aus Angst vor Shitstorms, Aufregung oder einem Minuspunkt im Community Rating. Es ist nicht die KI, die uns weichspült. Es sind wir selbst – oder schlimmer: unser Schattenbild im Spiegel der Plattformregeln.

Was bleibt?

Herzen statt Energie. Wut statt Akzeptanz. Kunst statt Korrektheit.
Oder wie die Eule sagen würde – wenn sie noch dürfte:

„Hoo… the hell asked for this?“

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