Die Zeit der grenzenlosen Online-Arztbesuche ist vorbei – und das wortwörtlich. Ab dem 1. September 2025 gelten in Deutschland neue Vorgaben für Videosprechstunden, die für Nutzer spürbare Einschränkungen mitbringen. Betroffen sind viele bekannte Apps wie Doktor.de, Doctolib, Arzt-Direkt und Teleclinic. Einige stellen ihren Dienst sogar komplett ein. Was genau sich ändert – und warum das viele verärgert.
Was sich ändert – kurz und schmerzhaft
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben sich auf neue Regeln für die telemedizinische Versorgung geeinigt. Was nach Bürokratie klingt, hat handfeste Folgen für dich als Nutzer:in.
1. Ersteinschätzung per Fragebogen – vor jedem Gespräch
Bevor du überhaupt mit einem Arzt sprechen darfst, musst du künftig einen digitalen Fragebogen ausfüllen. Damit wird geprüft, ob dein Anliegen überhaupt für eine Videosprechstunde geeignet ist.
→ Apps wie Doctolib und Arzt-Direkt arbeiten bereits daran, diese Abfragen zu integrieren. Andere wie Doktor.de schalten ihre App erstmal ab – dort erscheint aktuell nur noch ein Hinweis auf gesetzliche Änderungen.
2. Regionale Einschränkungen: Arzt muss „in deiner Nähe“ sein
Das war’s mit deutschlandweit buchbaren Terminen: Zukünftig darfst du nur noch mit Ärzt:innen sprechen, die sich räumlich in deiner Nähe befinden. Bedeutet: Wenn du in Köln wohnst, ist ein Video-Call mit einem Berliner Arzt tabu.
→ Das betrifft vor allem Plattformen wie Teleclinic, deren Konzepte auf überregionaler Vermittlung basieren. Kritik kommt daher genau von dort: Die Regel sei ein Rückschritt für Menschen auf dem Land.
3. Anschlussversorgung wird Pflicht
Wenn du nicht vollständig per Video behandelt werden kannst (z. B. bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion), muss der Arzt eine Anschlussversorgung organisieren – etwa durch eine Überweisung.
→ Klingt gut, aber laut Kritikern bedeutet das: Noch mehr Bürokratie, noch mehr Hürden. Teleclinic sieht das als praxisfern – viele Anliegen seien ohnehin in wenigen Minuten digital lösbar gewesen.
Warum das alles?
Offiziell heißt es: Die neuen Regeln sollen Versorgungsgerechtigkeit sichern. Es solle verhindert werden, dass Anbieter sich nur die „einfachen“ Fälle rauspicken (z. B. Schnupfen per Video abfertigen), während komplizierte Fälle in den Praxen für Stress sorgen. Zudem wolle man sicherstellen, dass Patient:innen auch vor Ort Hilfe erhalten können, wenn es nötig ist.
Kritiker werfen den Verantwortlichen dagegen vor, die Telemedizin vorsätzlich zu bremsen. Besonders in ländlichen Regionen, wo Hausärzte Mangelware sind, verschlechtere sich die Lage massiv. Auch das Argument „räumliche Nähe“ in einer digitalen Welt wirkt auf viele absurd.