„Herr Lehrer, ich hab‘ meine Hausaufgaben von ChatGPT machen lassen.“
– „Dann frag mal ChatGPT, ob du auch ’ne Note kriegst!“
Und ja, dieser Witz ist selbst erfunden. Von der KI. Und ja, sei behauptet er sei lustig. Wie bei vielen anderen Versuchen, bei denen wir die KI gebeten haben, einen Gag zu schreiben. Ergebnis: meistens unfreiwillig komisch – im besten Fall. Aber zurück zum Ernst der Lage. Oder besser gesagt: dem Versuch, KI und Schule sinnvoll zusammenzubringen.
Wir haben schon vor über zwei Jahren ausprobiert, wie gut ChatGPT bei echten Schulaufgaben hilft – inklusive Berliner Deutsch-Abi und Mathe-Olympiade. Unser Fazit damals:
Hausaufgaben kann die KI – tiefes Verständnis eher nicht.
Beispiele gefällig? Hier der damalige Testbericht mit echten Aufgaben und Prompts.
Bitkom-Studie: KI übernimmt das Klassenzimmer – klammheimlich
Laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage lassen 23 Prozent der Schüler:innen im Alter von 14 bis 19 Jahren ihre Hausaufgaben ganz oder weitgehend von KI erledigen. Bei der Befragung von 502 Jugendlichen zeigte sich: ChatGPT & Co. sind längst Teil des Alltags. Jeder Dritte hält die KI sogar für kompetenter als die eigenen Eltern – und fast ein Viertel meint, sie erkläre besser als die Lehrkraft. Ups.
Während sich viele Kids durch KI bessere Noten versprechen, fürchten 48 Prozent auch, dass ihre eigenen Denkfähigkeiten auf der Strecke bleiben. Eine klassische Zwei-Klassen-Gesellschaft: Die einen nutzen KI als Turbo, die anderen als Krücke.
Brandenburgs KI-Leitfaden: Papier von gestern für die Schule von morgen?
Jetzt kommt der spannende Teil: Wie reagiert das Bildungssystem auf diesen Wandel? Antwort: langsam, verhalten, dokumentenlastig.
Wir fanden den Handlungsleitfaden zur Nutzung von textgenerierenden KI-Systemen des Landes Brandenburg, er stammt von Mitte 2023 – und fühlt sich 2025 schon an wie ein digitaler Fossilfund. Zwar wird dort anerkannt, dass KI Teil der Lebensrealität ist. Es wird auch betont, dass KI „im geschützten Raum“ Schule kritisch reflektiert und kontrolliert eingesetzt werden soll. Alles richtig – auf dem Papier.
Aber: Während die Schüler längst ihre Hausaufgaben vom Bot erledigen lassen, diskutiert das Ministerium noch, ob ChatGPT überhaupt als Lernmittel zulässig ist. Und empfiehlt, lieber mit anonymisierten Schul-Accounts zu arbeiten, um DSGVO-konform zu bleiben.
Realitätscheck? Fehlanzeige. Wer schon mal versucht hat, Seifenblasen-Rezepte von einer KI nachzumachen (Spoiler: Sie funktionieren nicht), oder mit ihrer Hilfe eine neue CPU zu kaufen (Spoiler: sie empfiehlt oft 3 Jahre alte Modelle, die nicht kompatibel mit dem Mainboard sind), der weiß: Diese Tools sind mächtig, aber nicht magisch. Und genau das fehlt im Leitfaden: Erfahrungen und medienpädagogische Ehrlichkeit.
KI ist kein Zauberstab – sondern ein Werkzeug mit Tücken
Wir sind nicht KI-Feinde. Aber wir haben in der Praxis zu oft erlebt, dass die Versprechen nicht halten, was sie ankündigen:
- Texte, die voller sachlicher Fehler stecken.
- Mathe-Erklärungen, die ins Nichts führen.
- Datenanalysen, die durch erfundene Fakten mehr verwirren als klären.
- Und Witze, die Krone der Kreativität, die … na ja, siehe oben.
Was es braucht: Kompetenzvermittlung, nicht Kontrolle. Schüler müssen lernen, wie sie KI sinnvoll einsetzen – aber auch, wo sie an ihre Grenzen stößt. Ein bloßes Verbot oder „Datenschutz zuerst“-Mantra führt in eine pädagogische Sackgasse.
Fazit: Schule muss vor der KI nicht kapitulieren – aber sie endlich ernst nehmen
Solange Bildungspolitik nur Leitfäden schreibt, während Schüler längst lossprinten, wird Deutschland beim Thema digitale Bildung weiter hinterherlaufen. Lehrer:innen brauchen:
- realistische Fortbildungen, nicht nur Paragraphen-Exegese.
- Spielräume zum Ausprobieren, statt pauschale Verbote.
- Unterstützung im Klassenzimmer, nicht nur PDFs zum Ausdrucken.
KI ist gekommen, um zu bleiben. Aber sie ersetzt kein gutes Unterrichtsgespräch, keine kluge Frage – und erst recht kein echtes Lernen.
Oder wie ChatGPT selbst sagen würde:
„Ich bin ein KI-Sprachmodell und kann keine Note vergeben. Bitte wende dich an deine Lehrkraft.“
Na also.