TikTok kann vieles – und manchmal ist das genau das Problem. Wer in letzter Zeit auf der Plattform nach medizinischem Rat sucht, bekommt womöglich nicht das, was er erwartet. Denn: Ein angeblicher Doktor gibt Gesundheitstipps, zählt „5 Warnzeichen“ runter, spricht von Migräne, Magnesium und Müdigkeit – und verkauft dann ganz zufällig ein Produkt mit Rabatt über TikTok Shop.
Klingt nach Influencer? Nein. Das Problem ist: Es ist nicht der echte Dr. Tobias Weigl – sondern ein KI-Deepfake, der sein Gesicht, seine Stimme und sogar seinen Stil kopiert hat.
Gefälscht, geklont, gekauft
Der echte Dr. Weigl – Assistenzarzt, Notarzt, Marathonläufer, Aufklärer mit Haltung – hat mit diesem TikTok-Kanal nichts zu tun. Trotzdem sehen wir da ein Gesicht, das ihm zum Verwechseln ähnlich sieht. Die Clips wirken auf den ersten Blick identisch zu seinen echten Videos. Gleicher Hintergrund, gleiche Kleidung, gleiche Art zu sprechen. Sogar die Untertitel wirken professionell. Aber sie sind ein Fake. Und das perfide daran: Die Nutzer erkennen den Betrug oft nicht.
In den Kommentaren steht:
„Ich liebe ihn … verfolge ihn schon sehr lange auf YouTube.“
„Ich dachte, das ist wegen Handy.“
„Danke für die Tipps. Bekommst du genug Schlaf?“
„Ich glaube, ich hole es mir!“
Nur vereinzelt fällt jemandem auf, dass hier etwas nicht stimmt:
„Der echte müsste längst dagegen vorgehen.“
„Ist das Video echt?“
„Bist du echt?“
Aber selbst da – keine klare Antwort. Und währenddessen klingelt irgendwo die Kasse.
Warum das so gefährlich ist
Wir reden hier nicht von einem Witz oder Meme. Sondern von einem massiven Vertrauensbruch. Ein echter Arzt, der sich öffentlich für Aufklärung und Werbefreiheit ausspricht, wird zur Werbefigur degradiert – ohne sein Wissen, ohne seine Zustimmung. KI macht’s möglich. Und TikTok? Lässt es (noch) durchgehen.
Dabei geht’s nicht „nur“ um Persönlichkeitsrechte, sondern um Glaubwürdigkeit in der Medizin. Wenn Nutzer lernen: „Ärzte verkaufen sowieso nur was“, dann trifft das nicht nur Dr. Weigl, sondern eine ganze Berufsgruppe. Und in Zeiten von Impfdebatten, Google-Diagnosen und „alternativen Wahrheiten“ können wir das nicht brauchen.
Ich habe Dr. Weigl angeschrieben. Und du solltest das auch tun.
Wir haben ihn direkt über TikTok und per E-Mail kontaktiert und auf den Fake-Kanal aufmerksam gemacht. Ob und wann er reagiert, bleibt abzuwarten. Aber vielleicht hilft öffentlicher Druck. Vielleicht hilft es, diesen Beitrag zu teilen. Vielleicht reicht’s schon, wenn du den Fake-Kanal meldest – oder einfach mal aufklärst, wenn jemand im Freundeskreis so ein Video teilt.
Denn das ist das Ironische daran: Der echte Dr. Weigl kämpft auf Social Media gegen Desinformation. Und wird nun selbst Opfer genau dieser Maschinerie.
Fazit: Trau keinem Arzt, den du nicht selbst gegoogelt hast
Das mag überspitzt klingen – aber so traurig ist’s leider. KI-Deepfakes sind nicht mehr Zukunft, sondern Gegenwart. Und TikTok ist nicht vorbereitet. Die Verantwortung liegt also bei uns. Bei dir, bei mir, bei allen, die lieber den echten Menschen folgen als digitalen Trugbildern.
Hinweis an Betroffene: Wie man ein nachgeahmtes Konto auf TikTok meldet und sich gegen Identitätsdiebstahl wehren kann, erklären wir ausführlich in diesem Beitrag: Ein falsches Konto melden: Wie du gegen Nachahmung auf TikTok vorgehst
Update, 12. Juli 2025: Das gefälschte TikTok-Konto mit KI-generierten Videos im Namen von Dr. Tobias Weigl wurde inzwischen entfernt. Der Arzt hatte uns bestätigt, dass er den Fall kannte und selbst gemeldet hatte – auch wir haben das Konto über TikTok zur Prüfung eingereicht. Ob durch diese Meldungen oder andere Maßnahmen: Das Profil ist aktuell nicht mehr auffindbar. Ein Erfolg – aber kein Grund zur Entwarnung. Deepfakes bleiben ein wachsendes Problem, dem Plattformen wie TikTok dringend wirksamer begegnen müssen.
