Netflix hat am Freitag überraschend bekannt gegeben, dass es sein hauseigenes Spielestudio Boss Fight Entertainment schließt – ausgerechnet jenes Team, das hinter dem mobilen Hit Squid Game: Unleashed stand. Der Schritt kam nur wenige Wochen nach dem weltweiten Erfolg des Spiels, das in über 20 Ländern die App-Store-Charts anführte. Auf den ersten Blick wirkt das wie ein Widerspruch. Doch bei genauerem Hinsehen steckt eine tiefere Botschaft dahinter: Netflix justiert seine Gaming-Strategie neu – und das mit klaren Konsequenzen für Nutzer, Entwickler und Investoren.
Der Traum vom Netflix-Game-Universum
Seit 2021 investiert Netflix in die Entwicklung eigener Spiele, um sich unabhängiger vom hart umkämpften Streaminggeschäft zu machen. Mit dem Kauf kleinerer Studios wie Night School (Oxenfree) und Boss Fight Entertainment wollte man eine Basis schaffen, um aus erfolgreichen Serien Marken zu formen – ähnlich wie Disney oder HBO.
Das Ziel: Gaming als zweites Standbein. Nutzer sollten über die Netflix-App direkt spielen, ohne Werbung, ohne In-App-Käufe. Eine clevere Idee, die auf dem Papier hervorragend klang. Doch die Realität war härter. Trotz steigender Downloadzahlen blieb die Monetarisierung aus, und die Integration ins Netflix-Ökosystem gelang nur schleppend. Der Überblick zu den Spielen in der App selbst sagt alles…
Warum Netflix jetzt das Studio schließt
Laut einem Bericht von Reuters und The Verge war die Entscheidung Teil einer größeren Restrukturierung. Interne Quellen sprechen von einer „strategischen Neuausrichtung“ – weniger auf komplexe Eigenentwicklungen, mehr auf Kooperationen mit etablierten Spieleentwicklern.
Netflix wolle sich laut Insidern auf Casual-, Story- und Kinder-Spiele konzentrieren – Titel, die kosteneffizienter produziert werden können und besser zur Streaming-Marke passen. Ein Reddit-Kommentar bringt es auf den Punkt:
„Sie haben nach einer Staffel Schluss gemacht – klassische Netflix-Logik. Triple-A-Gaming ist einfach zu teuer für den Streaming-ROI.“
Die Branche nickt verständnisvoll. Spieleentwicklung ist kapitalintensiv, unberechenbar und nur mit langfristigem Durchhaltevermögen rentabel. Netflix hat das nun am eigenen Beispiel gelernt.
Was bedeutet das für Netflix-Nutzer und Investoren?
Für Spielerinnen und Spieler bleibt kurzfristig alles stabil. Die bestehenden Titel bleiben in der App spielbar, aber große neue Projekte dürften auf sich warten lassen. Langfristig bedeutet das: weniger Experimente, mehr Fokus auf Franchise-Stärke. Stranger Things oder Squid Game könnten künftig nur noch über Partnerstudios erweitert werden – ähnlich wie Disney seine Spiele an Drittfirmen lizenziert.
Für den Kapitalmarkt ist die Botschaft klarer: Netflix zieht sich aus einem riskanten Wachstumsfeld zurück. Das senkt zwar die Kosten, dämpft aber zugleich Hoffnungen auf Diversifizierung. Nach dem ohnehin schwachen Quartalsbericht und der enttäuschenden Gewinnentwicklung wirkte die Nachricht wie ein zusätzlicher Rückschlag – und könnte erklären, warum die Aktie trotz solider Fundamentaldaten unter Druck blieb.
Ein Rückschritt mit Signalwirkung
Dass Netflix sein Gaming-Studio dichtmacht, ist kein Einzelfall. Auch Amazon und Google mussten feststellen, dass hauseigene Spieleentwicklungen selten funktionieren. Der Schritt zeigt, dass Streaming-Konzerne ihre Grenzen kennen – und dass Gaming kein „Nebenprodukt“ ist, sondern ein eigenständiges Business mit völlig anderer DNA.
Auf Reddit und in Entwickler-Foren wird der Schritt als „vernünftige, aber enttäuschende Entscheidung“ gesehen. Viele Entwickler loben den Mut von Netflix, überhaupt in das Segment einzusteigen, kritisieren aber die kurze Geduld:
„Sie wollten Games wie Serien behandeln – ein paar Folgen, und wenn’s nicht knallt, wird’s abgesetzt.“
Fazit: Netflix bleibt stark – aber realistischer
Das Ende von Boss Fight Entertainment ist kein Absturz, sondern eine Korrektur. Netflix bleibt profitabel, wächst im Streaming weiter und lernt, dass Gaming kein Schnellschuss ist.
Für Investoren und Trader ist die Botschaft doppelt relevant: Wer Netflix handelt, sollte den Fokus wieder auf das Kerngeschäft legen – Inhalte, Werbung und Internationalisierung – und Gaming als langfristige Wette sehen, nicht als kurzfristigen Kurstreiber.


