Was hat es mit Hypnose auf sich? Ich denke da sofort an schmierlappige Möchtegern-Gehirn-Verhunzer, die andere Leute bloßstellen, sie bellen lassen wie ein Hündchen oder ihnen den Eindruck vermitteln, sie klebten mit den Füßen auf dem Boden fest. Wenn, ja wenn da nicht die Rettung wäre, die den Ruf rettet, das Bild richtet und die Assoziationen in’s Lot bringt. Die kommt in Form der britischen Superburschen. Mal wieder. Die Rede ist, wie einige sagen, von einer der besten Bands unter dieser Sonne, nämlich Coldplay. Die sind schon seit letztem Sommer mit ihrer A Head Full of Dreams-Tour unterwegs und bezaubern die ganze Welt. Wie auch mich am 14.06.17 in Leipzig. Meine Begleitung und ich hatten nämlich das Glück, noch zwei Tickets ergattern zu können, wenn auch „auf dem zweiten Bildungsweg“. Neidisch? Tut mir leid, aber zurecht. Dieses Konzert war tatsächlich eines der schönsten, das ich jemals gesehen habe und von der Location über das Wetter bis zur Begleitung durfte ich einen perfekten Abend verleben.
Jetzt denkt ihr sicher: Perfekt kann nicht sein, denn dafür wäre, um das Glück komplett zu machen, noch eine App von Nöten, die es bei einem Konzert aber nicht gibt. Au Contraire, mon frère! Coldplay hat seit kurzem die App zum dazugehörigen Song „Hypnotised“ herausgebracht. Wer jetzt einer der Glückspilze ist, der zum Beispiel am 30. Juni oder am 1. Juli in Frankfurt mit am Start ist, vielleicht auch einige Tage später in Hamburg, der lese diesen Text, sei gut informiert und freue sich, dass er das Konzert noch vor sich hat.
Wenn ihr schon mal das Glück hattet, auf einem Coldplay-Konzert zu sein, habt ihr am Eingang bestimmt auch eines der begehrten Xylobands bekommen. Dabei handelt es sich um weiße Armbänder mit einem kleinen Kasten obendrauf. Der Zauber kommt dann während der Show, wenn sie nämlich per Funk kontrolliert und gesteuert werden. Dann können die LEDs für eine richtig gute Show sorgen und leuchten in allen Farben des RGB-Spektrums, entweder im Takt zur Musik, verschiedenfarbig blinkend oder die Zuschauer werden beispielsweise in verschiedene Blöcke aufgeteilt. Manche Glücklichen berichten sogar, die Xylobands hätten Wochen nach dem Konzert aufgeblinkt – Coldplay-Vibes? Wahrscheinlich… Wir stellen also fest, die Musiker haben etwas für Technik übrig, für Innovationen vielleicht sogar. Das bestätigt die neue App.
Was kann die Hypnotised-App?
Wer sich mit der Tour oder dem Album beschäftigt hat, kennt die bunten Muster und psychedelischen Kreise, die sich unter anderem auch auf der Coldplay-Website durchsetzten. So sehen auch die Tickets aus, so sieht auch die App aus. In Coldplay-Stimmung ist man deswegen von vorne bis hinten, wenn man einmal eintaucht. Die App könnt ihr hier anschauen oder ganz normal im Appstore runterladen. Die App von Opal Limited wurde von Brian Eno und Peter Chilvers entwickelt. Das sind die Köpfe hinter generative.com und bekannt Apps wie Bloom (iOS), Scape (iOS) oder Trope (iOS). Vor allem Brian Eno ist ein hohes Tier beim Thema „Generative Musik“. Bereits 1996 stellte er die Weichen bei einer Installation namens „Generative Music 1“ in der Berliner Parochialkirche, das war im Jahre 1996. Die Musik generierte ein Computer, der zwischen den Kirchenbänken aufgestellt wurde. Mithilfe der Software „SSEYO Koan“ wurden stetig immer wieder neue Stücke produziert. Zwar bewegen sie sich dennoch innerhalb gewisser Vorgaben, der Computer generiert die Stücke aber jedes Mal anders. Die Software stellt circa 200 Parameter bereit, die dann jedes Mal neue Variationen ermöglichen. Das klingt ungewöhnlich und interessant, aber schwer umzusetzen. Die Hypnotised-App bringt uns dem Ganzen aber wirklich nah.
Wie werde ich „generativer Musiker“?
Ihr startet die App auf eurem Smartphone und schon seht ihr die altbekannten bunten Kreise, die rhythmisch aufploppen. Dafür braucht ihr aber den Song Hypnotized. Es gibt zwei Arten, die App zu nutzen. Die Coolste: Coldplay bittet darum, die App zu starten, wenn das Lied während des Konzertes gespielt wird. Nicht nur, dass dann ein magischer Klang kreiert wird (die durch die App generierten Geräusche klingen, logisch passend, ein bisschen psychedelisch), auch das visuelle Erlebnis kann sich sehen lassen. Das Problem ist, dass man dieses Erlebnis gerne immer wieder hätte, Coldplay zu Hause auf der Couch normale Menschen allerdings in den wirtschaftlichen Ruin treiben wird. Deswegen gibt es noch eine zweite Nutzungsmöglichkeit: Startet einfach auf einem zweiten Smartphone, auf dem Laptop oder, ganz oldschool, mit dem CD-Player (*staubrunterpuste*) „Hypnotised“, das funktioniert auch ganz prima. Nur, dass 47.999 andere Menschen fehlen.
Fazit
Die App „Hypnotised“ ist ziemlich revolutionär. Sie gibt uns die Möglichkeit, generative Musik selbst zu nutzen und ein Teil davon zu sein. Das in Kombination mit toller Musik weil tolle Band ist ehrlich gesagt, gerade auf den ohnehin schon gedankenaufwirbelnden Konzerten, ziemlich schwer zu toppen. Wer kann, sollte sich das Erlebnis auf den Konzerten nicht entgehen lassen und beim ersten Ton von „Hypnotized“ das Smartphone zücken. Alle anderen sollten das Ganze zumindest einmal zu Hause probieren und ein wenig experimentieren. Ich wüsste daher nicht, was dagegen spräche, sich die kostenlose App für Android oder iOS herunterzuladen. Außer vielleicht, man hat gerade einen superstraffen Terminplan, dann wartet bis zum Feierabend, denn es besteht Schwelg-Gefahr. Wer bei den kommenden Deutschland-Konzerten mit am Start ist, darf gern hier seine Erfahrungen mit uns teilen!