Ein unglaubliches Gerät zu einem unglaublichen Preis. Dieser Slogan hat gezogen und obwohl es nur so ein Batman Spiel zur Vorbestellung gab, war diese schneller getätigt als gedacht. Dazu trug natürlich auch das Rücknahmeversprechen bei, wonach man innerhalb von 4 Wochen die Quest 3S kostenfrei einsenden könne. Erlebt, getan. Nach unzähligen Abstürzen, Neustarts, ratlosen Sekunden in einem dunklem Kopfgefängnis und sich nach anfänglichem Wow-Effekt immer weniger abzeichnender Anwendungen, war die Entscheidung dennoch nicht leicht. Denn die Meta Quest 3S ist schon ein feines Ding, oder? Erfahre in diesem Review nach einer Nutzungsdauer von circa 4 Wochen, warum man vielleicht doch noch auf die Quest 4, 5 oder gar 6 warten sollte.
Die Vorfreude auf die Meta Quest 3S war groß: Als neues Mixed-Reality-Gerät von Meta sollte sie die Grenze zwischen Realität und digitaler Welt aufheben (vgl. Lohnt sich die Vorbestellung?). Die Erwartungen waren hoch, da die Quest 3S mit einer 4,5-fach höheren Farbauflösung als die Quest 2 und einem weiten Sichtfeld von 96° x 90° ein beeindruckend intensives VR-Erlebnis verspricht. Ausgestattet mit dem Snapdragon XR2 Gen 2-Prozessor und 8 GB RAM liefert sie besonders bei grafikintensiven Spielen wie Assassin’s Creed Nexus VR und Batman: Arkham Shadow eine reibungslose Performance. Die neuen Touch Plus-Controller sorgen für präzise Steuerung, während das erweiterte Hand-Tracking auch die Nutzung ohne Controller ermöglicht. Dazu bietet die Quest 3S vielseitige Inhalte, von Spielen wie Beat Saber bis zu Social-Media-Apps wie Facebook und Instagram, alles nahtlos integriert ins Meta-Ökosystem. Für 329,99 € bekommt man ein leistungsstarkes Paket – inklusive dem kostenlosen Spiel Batman: Arkham Shadow als Extra.
Ansprechendes Design, Komfort ’schwer‘ in Worte zu fassen
Die Meta Quest 3S beeindruckt zwar mit einem modernen Design, aber das Gewicht von 515 Gramm macht sich deutlich bemerkbar – vor allem bei längeren VR-Sessions oder beim Sport. Was zunächst komfortabel wirkt, wird schnell zu einer Belastung für den Nacken, und das Standard-Riemen-System bietet schlichtweg nicht genug Halt. Das Headset verrutscht leicht und sitzt nie wirklich perfekt. Gerade bei Bewegungen fühlt es sich instabil an, was den gesamten Komfort beeinträchtigt. Und gerade wenn man das Headset wieder abnimmt, stellt sich eine Art Erleichterung ein. Ein Upgrade auf den Elite-Strap ist wahrscheinlich unverzichtbar, um die Gewichtsverteilung und den Tragekomfort zu verbessern, da das Standard-Modell diese Anforderungen nicht erfüllt. Die Zukäufe hier und da relativieren den günstigen Preis.
Zudem habe ich wie auch andere Nutzer vor mir bemerkt, dass das Headset nach etwa einer Stunde Nutzung Artefakte zeigt, insbesondere beim Blick auf den Boden. Diese wirken wie altes CRT-Schnee-Rauschen und blitzen nur für eine Millisekunde auf – möglicherweise aufgrund einer Veränderung in der Texturgröße. Das führt natürlich zu Ablenkungen, die das Erlebnis stören.
Bildqualität: Eine gemischte Erfahrung
Die Meta Quest 3S bietet mit einer Auflösung von 1.832 x 1.920 Pixeln pro Auge eine solide Bildqualität, doch der Einsatz der älteren Fresnel-Linsen bringt deutliche Einschränkungen mit sich. Sobald das Headset nur leicht verrutscht, wird das Bild schnell unscharf, was besonders bei Medienanwendungen stört und die Nutzung unangenehm macht. Vor allem an den Rändern kommt es häufig zu einer merklichen Unschärfe. Das Sichtfeld von 96° x 90° ist ordentlich, aber nicht herausragend. Es fühlt sich an wie eine sehr enge Schnorchelmaske und vermittelt kein wirklich immersives Gefühl. Im Vergleich zu moderneren Pancake-Linsen sind die Fresnel-Linsen der Quest 3S ein klarer Rückschritt: Die Pancake-Linsen bieten nicht nur mehr Klarheit, sondern auch weniger Verzerrungen und eine gleichmäßigere Helligkeit. Wer Wert auf ein gestochen scharfes Bild legt, könnte hier enttäuscht werden.
Ein weiteres Problem ist die Mixed-Reality-Passthrough-Funktion. In den Werbevideos wirkt das Bild klar und detailliert, aber in der Realität ist es selbst in einem sehr hellen Raum deutlich schlechter. Aufnahmen im Headset sehen viel klarer aus als das tatsächliche Erlebnis, was eine falsche Erwartungshaltung weckt. Zudem kann man Displays von Smartphones oder PC-Bildschirmen nicht lesen, was die Alltagstauglichkeit erheblich einschränkt. Zwar ist die Leistung für Einsteiger in Ordnung, doch aufgrund der fehlenden Klarheit und der technischen Einschränkungen bleibt das Erlebnis weit hinter dem, was technisch möglich wäre, zurück.
Leistung und Nutzungserlebnis: Vielversprechend, aber voller Hindernisse
Der Snapdragon XR2 Gen 2 und 8 GB RAM sorgen zwar für eine flüssige Performance, aber die Brille stürzt oft ab, sodass man den Neustart-Button mittlerweile ganz vertraut findet. Das liegt nicht immer nur an der Brille selbst, sondern auch an den Apps, von denen es gefühlt zu wenige gibt oder der Store schlichtweg schlecht erkundbar ist. Viele der Apps fühlen sich zudem wie halbfertige Demos an, bei denen kaum erklärt wird, wie die Bedienung funktioniert. Es erinnert an die 90er Jahre, als man in Spielen wie „Summer Games 1992“ mühsam herausfinden musste, wie man den Joystick für die jeweilige Disziplin quälen musste. Der Mangel an klaren Anleitungen und der umständliche Store beeinträchtigen das Nutzungserlebnis erheblich.
Ein weiteres großes Ärgernis ist, dass das Headset nicht die häufig genutzten Positionen speichert. Jedes Mal, wenn man es aufsetzt, muss man die Begrenzungen oder die Sitzposition erneut festlegen. Das wird schnell lästig, insbesondere wenn man das Gerät regelmäßig nutzt. Auch bei grafisch intensiveren Anwendungen zeigt sich die Quest 3S oft an ihrer Grenze. Das Horizon OS ist zwar einfach zu bedienen, aber bei vielen gleichzeitig laufenden Apps oder größeren Inhalten treten leichte Verzögerungen auf, die den Fluss beeinträchtigen können. Auch wenn das System die meisten gängigen VR-Anwendungen unterstützt, bleibt die Gesamtperformance hinter den Erwartungen zurück, die man an ein aktuelles Mixed-Reality-Gerät haben könnte. Besonders frustrierend ist, dass der Store schlecht organisiert ist und viele Anwendungen einfach nicht intuitiv zu finden sind. Vielleicht fehlen hier aber auch entsprechende Medien aka App-Blogs (haha). Das Mixed-Reality-Passthrough ist zwar eine nette Funktion, aber auch hier merkt man die technischen Einschränkungen. Der Übergang zwischen virtueller und realer Umgebung fühlt sich nicht immer so nahtlos an, wie Meta es verspricht.
Die Akkulaufzeit von etwa 1,5 Stunden ist eine weitere Einschränkung. Während ich nicht erwartet habe, dass der Akku fünf Stunden hält (so lange kann ich das Headset ohnehin nicht tragen), sind 1,5 Stunden für intensivere Sessions dennoch zu wenig. Mit einer 10k Powerbank kann man die Nutzungsdauer auf etwa 2,5 Stunden verlängern, was das Erlebnis ein wenig verbessert.
Controller und Hand-Tracking: Ein Balanceakt zwischen Komfort und Frust
Die Touch Plus-Controller sind in der Handhabung solide, aber nicht perfekt. Sie fühlen sich zwar hochwertig an, doch das Tracking ist nicht immer stabil und oft unklar, welche Buttons tatsächlich für was zuständig sind – es fühlt sich an wie ein altes Spiel aus den 90ern, bei dem man alles mühsam herausfinden muss. Besonders dann, wenn die Controller aus dem Sichtfeld der Sensoren geraten, kommt es zu Aussetzern, die den Spielfluss stören. Das Hand-Tracking ist zwar eine praktische Ergänzung, funktioniert aber nur in gut beleuchteten Räumen wirklich zuverlässig. Bei schwacher Beleuchtung oder schnellen Bewegungen verliert das System oft die Spur. Das führt zu einer wenig intuitiven Steuerung und kann die Immersion erheblich beeinträchtigen, gerade bei Tastatureingaben.
Ein weiteres Problem ist, dass man nicht nahtlos zwischen Controller und Hand-Tracking wechseln kann. Es ist entweder das eine oder das andere – nachdem man die Controller abgelegt hat, muss man vollständig auf Hand-Tracking umschalten, was wenig flexibel ist und den Spielfluss stört. Insgesamt ist das Hand-Tracking ein nettes Feature, aber definitiv kein vollwertiger Ersatz für die physischen Controller. Das Gefühl, ständig raten zu müssen, welche Steuerungselemente welche Funktionen haben, erinnert stark an die Herausforderungen früherer Konsolenspiele, bei denen oft nur Trial-and-Error weiterhalf.
Akkulaufzeit und Zubehör: Mehr als nur eine kleine Hürde
Die Akkulaufzeit von etwa 2,5 Stunden ist eher mittelmäßig und schränkt die Nutzungsmöglichkeiten ein. Für längere Sessions ist ein Battery Pack fast schon Pflicht, um nicht ständig unterbrochen zu werden. Das mitgelieferte Zubehör ist minimal und umfasst das Nötigste. Die beworbenen Erweiterungen wie der Elite-Strap sind praktisch unverzichtbar, um das Headset überhaupt halbwegs komfortabel nutzen zu können. Das zeigt deutlich, dass Meta hier am falschen Ende spart. Auch das Zubehör wie spezielle Schutzlinsen oder Adapter ist nötig, um die Benutzererfahrung erträglich zu machen. Ohne diese zusätzlichen Investitionen bleibt die Nutzung der Quest 3S eher enttäuschend.
Die fehlende Möglichkeit, das Gerät im Dunkeln zu nutzen, ist ebenfalls ein Manko. Obwohl die Quest 3S mit IR-Tracking ausgestattet ist, fehlt das entsprechende IR-Licht, sodass man dies separat kaufen muss. Selbst mit diesem Licht funktioniert das Passthrough im Dunkeln jedoch nicht so gut wie bei der Quest 2. Zudem tragen Brillenträger ein weiteres Problem mit sich: Wenn das Headset auf die perfekte Position eingestellt wird, berühren die Brillengläser die Linsen, was zu Kondensation oder Schmieren genau im Sichtfeld führt. Das ist extrem störend und beeinträchtigt die Erfahrung.
Inhalt und Preise: Ist der Spaß sein Geld wert?
Der Inhalt im Meta Store lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Die Preise für einige der beliebtesten Apps und Spiele sind schlichtweg nicht gerechtfertigt. „The Climb“ für 30 Dollar? „Fruit Ninja 2“ für 25 Dollar? „Beat Saber“ für 30 Dollar? Diese Spiele haben schlichtweg nicht den Umfang oder die Produktionsqualität von AAA-Titeln wie „Fallout“, „God of War“ oder „Total War“. Es fühlt sich so an, als würde Meta hier versuchen, den Nutzern das Geld aus der Tasche zu ziehen, ohne dabei den entsprechenden Gegenwert zu bieten. Auch die Menge an wirklich interessanten 360-Grad-Videos ist sehr begrenzt. Ich habe beispielsweise Elefanten in der Savanne gesehen und einen Timelapse von Taipeh – beides war beeindruckend, aber mehr als ein kurzes ‚Wow‘ bleibt dabei nicht hängen. Der VRChat, von dem ich erwartet hatte, dass er ein Ort des kreativen Austauschs sein könnte, ist in der Praxis zu 95 % ein Tummelplatz für Trolle – eine Enttäuschung.
Fazit: Großes Potenzial, aber viele Stolpersteine
Die Meta Quest 3S will eine preiswerte Mixed-Reality-Brille für Einsteiger sein, kämpft jedoch mit zahlreichen Kompromissen. Das Gewicht, das verrutschende Riemensystem und die nicht perfekte Bildqualität machen das Headset für längere Nutzung eher anstrengend als angenehm. Besonders im Vergleich zur Quest 3 wird klar, dass die Quest 3S einige deutliche Abstriche macht – von der Bildschärfe über die Komfortprobleme bis hin zu den eingeschränkten Funktionen. Für Einsteiger mag das Paket akzeptabel sein, doch erfahrene Nutzer werden die Mängel schnell bemerken. Das Headset bietet für seinen Preis einige solide Features, aber es bleibt hinter den Erwartungen an ein modernes VR-Gerät zurück. Einsteiger könnten die Quest 3S als kostengünstige Option betrachten, doch man sollte sich bewusst sein, dass ohne Zusatzinvestitionen – wie Elite-Straps oder Battery Packs – der Spaß schnell getrübt wird. Wer eine wirklich immersive und komfortable VR-Erfahrung sucht, sollte besser zu einem höherwertigen Modell greifen. Das ständige Abstürzen, die technischen Limitationen der Fresnel-Linsen, das mangelhafte App-Angebot sowie die Tatsache, dass grundlegende Dinge wie Passthrough und IR-Tracking nicht wie erwartet funktionieren, machen die Quest 3S zu einer eher frustrierenden Erfahrung, die selten das Versprechen einer nahtlosen Mixed-Reality erfüllt.