Als Elias Howe 1851 den „ununterbrochenen Kleiderverschluss“ patentieren ließ, war an portable Lautsprecher nicht zu denken. Auch ich kann im Jahr 2014 nicht unbedingt über eine Assoziation beides verbinden. Die Idee des dänischen Herstellers Libratone mit wechselbaren Wollbezügen unterschiedliche Farbvarianten an einem Gerät herzustellen ist schon genial, sie einfach zuzuzippen schick. Das Säulendesign erlaubt einen 360 Grad Klang, welcher jede Heimanlage ersetzen kann, aber vor allem auch mobil überzeugt. Ebenso wie das Design ist beim Libratone Zipp die drahtlose Übertragungstechnologie fortschrittlich, welche neben Airplay und DLNA nun doch auch Bluetooth unterstützt, sodass sich ein hochwertiges Gesamtpaket ergibt.
Der Libratone Zipp ist schon eine Rakete. Schwer ist die Verpackung und das liegt nicht am zusätzlichen Lieferumfang. Lediglich der Lautsprecher selbst, eine Kurzanleitung und ein Aufladegerät darf ich auspacken. Dieser ist mit einer Höhe von 26 cm und etwa 12 cm im Durchmesser und 1,8 Kg schon gewaltig im Vergleich zum kürzlich vorgestellten UE Boom. Beides sind 360 Grad Lautsprecher, doch der Libratone Zipp ordnet sich eher in der Kategorie ein, in welcher sich der Jabra Solemate Max befindet. Trotzdem könnten die Konzepte unterschiedlicher nicht sein.
Ersteindruck und Designbesonderheiten
Das Säulendesign in dieser Größe wirkt nicht wuchtig, wie es mein Ersteindruck ist. Dies liegt daran, dass das schwarze PVC-Gehäuse von einem Stoffüberzug verdeckt wird. Die Firma, erst 2009 gegründet, hat seitdem eine kleine Familie an drahtlosen Lautsprechern auf den Markt gebracht, welche sich vor allem durch den Einsatz dieser Wollüberzüge über ausgereifter Klangtechnik auszeichnen. Das Konzept lautet die hohe Qualität stationärer Geräte ins Streamingzeitalter zu holen, also die Geräte transportabel und schnurlos zu machen. Der kuschelig weiche und angezippte Bezug besteht aus Wolle, aus italienischer Wolle, wie der Hersteller schreibt. In schwarz ist der Libratone Zipp bei mir gehüllt, in Pfeffer-Schwarz, wie es auch hier in der Produktvorstellung heißt. Der Zipp gibt sich edel. Es gibt Bezüge in elf verschiedenen und vor allem lebhaften Farben. Diese tragen die wohlklingenden Namen Salty Grey, Pineapple Yellow, Raspberry Red, Passion Pink, Plum Purple, Petrol Blue, Icy Blue und neu: Moss Green, Sandstone Yellow und Apricot Red. Mit ihnen soll der Zipp schnell an unterschiedliche Umgebungen anpassbar sein. Klar, was nicht weiß und schwarz ist, kann mal nicht zur Tapette passen. Die Überzüge kosten knapp 50 Euro, was schon eine Hausnummer ist. Wer den Zipp registriere, so wirbt eine beigelegtes Kärtchen, kann sich über ein kostenfreies Cover freuen.
Tasten hat der Lautsprecher nur drei. Oben auf dem kreisrunden Deckel ist ein kleines Vögelchen auf dem Einschalter abgebildet, das Logo der Firma. Hier kann man auch die Lautstärke regeln und bekommt mit einer LED den Verbindungsstatus angezeigt. Zwei Tasten für die Aktivierung der drahtlosen Optionen sind an der Seite bei den Anschlüssen und einer grün/roten LED für den Ladezustand untergebracht. Der Stromanschluss ist im Boden versteckt und ausgespart.
Die erste Benutzung erfolgt bei mir traditionell per Kabelverbindung, obwohl das Einstöpseln des Klinkesteckers beinahe altmodisch wirkt bei einem Lautsprecher mit diesen Übertragungsoptionen. Möglich wäre per Kabel auch die USB-Variante, welche zugleich das Smartphone oder Tablet aufladen würde. Die Musik wirkt beim ersten Hören vor allem flächig und raumfüllend. Er steht bei meinem ersten Test in der Mitte des Büros und ist überall im Raum in gleicher Qualität zu hören.
Sounderlebnis des Libratone Zipp – hinter die Wolle geschaut
Die Ausstrahlung rundum in Kombination mit dem Design bezeichnet Libratone als „360 Scandinavian“. Der Sound strahle wie bei einem Instrument in alle Richtungen. Das ist wohl gerade dann gut, wenn es mehrere Zuhörer gibt. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als man bei einer Stereoanlage im Raum jenen Punkt gesucht hat, in welchem der Klang am besten rüberkommt. Dies entfällt nun. Eine Verstärkung des Sounds durchs Rückwerfen an den Wänden des Raums habe ich allerdings nicht rausgehört, sodass er wohl auch direkt an der Wand, z.B. auf einem Sideboard gut aufgehoben ist. Optionen zur Einstellungen gibt es mit der App (s.u.). Eigentlich will der Libratone Zipp aber raus und in Bewegung gebracht werden, wie die Lederschlaufe zum Tragen andeutet. Sein Gehäuse ist dafür recht stabil gebaut, wie man beim Entfernen der Wollhülle sehen kann.
Der Sound kommt dabei aus dem oberen Bereich, hier ist ein 2.1-Boxensystem untergebracht (Bass: 4-Zoll, Hochtöner: zwei 1-Zoll), was vom 60 Watt-Verstärker im unteren Bereich der Säule unterstützt wird. Der Libratone wird also mit maximal 96 dB durchaus sehr laut, über Zimmerlautstärke weit hinaus. Sein Klangbild ist dabei sehr allgemein ausgelegt, weder für elektronische Musik mit besonderer Basstärke, noch für Klassik mit besonderen Höhen. Ein angenehmer Klang, den man über längere Zeit gut hören kann. Die Dauer ohne Netzbetrieb und Kabel ist allerdings auf 4-5 Stunden Akkuleistung beschränkt, was recht wenig ist, aber für die Größe des Geräts doch beachtlich.
Verbindungsoptionen und App
Die mobile Nutzung wird vor allem durch die drahtlosen Verbindungsoptionen, u.a. auch mit NFC, unterstützt. Bluetooth ist neu an Bord, sodass nun sämtliche Geräte vom Androiden bis Windows Phone unterstützt werden. Vormals war eine gewisse iOS-Optimierung per AirPlay festzustellen sowie die DLNA-Heimvernetzung. Beides sehr fortschrittlich und einfach zu nutzen, aber Bluetooth hat berechtigerweise die weitere Verbreitung gefunden, wie ich finde.
Libratone bietet für Android (Download bei Google Play) und iOS (Download bei iTunes) jeweils eine gratis App an mit offenbar identischem Funktionsumfang (getestet auf dem iPad). Zunächst dient sie dazu die oben genannten Verbindungsoptionen zu aktivieren, denn ist der Lautsprecher per Bluetooth verbunden, erkennt ihn die App nicht. Hier sollte mit der Bluetooth-Einführung eine Überarbeitung erfolgen.
Die App bietet vor allem zwei Soundeinstellungen – acht verschiedene Profile für bestimmte Musikrichtungen sowie die Möglichkeit den Standort des Lautsprechers anzupassen. So kann man angeben, ob er auf einem Regal steht und in welchem Abstand, sodass er doch in eine Richtung stärker abstrahlt oder ihn auf Outdoor einstellen. Der Funktionsumfang der App hat mich insgesamt nicht vom Hocker gehauen. Gerade durch den 360 Grad Sound hätte ich mir ein paar mehr Visualisierung und verspielte Elemente gewünscht.
Fazit zum Libratone Zipp
Der Zipp ist ein gewaltiger Vertreter unter den drahtlosen Lautsprechern mit hervorragendem 360 Grad Klang. Durch die neue Bluetooth-Verbindung dürfte er für alle in die engere Wahl fallen, die einen hochwertigen Speaker mit eigener Designsprache suchen. Aufgrund seines Gewichts ist er nicht so mobil wie kleinere Geräte, bietet dafür aber einen höheren Schallpegel bei kürzerer Akkulaufzeit. Generell empfinde ich ihn für den Transport mal so in der Freizeit zu groß und unhandlich, da kann auch die schöne Lederschlaufe nichts mehr ausrichten. Gerade sie hat mich als Funktionsfeature ungemein gestört, so schön wie sie ausieht. Nutzt man sie, kann man schnell auf die darunterliegenden Einstellungstasten kommen und damit ist die Verbindung schnell verloren gegangen. Und da oben im Text genügend lobende Worte waren: In der generellen Nutzung fehlen mir ein paar Features, wie etwa eine Stimmansage beim Start oder die Info über den Ladezustand, wie ihn andere Modelle bieten. Passend dazu wirkt die App zu pragmatisch gestaltet und bietet mir zu wenige Funktionen. Letztlich ist der Zipp vor allem auch aufgrund seines Designs und des Wollcovers eine interessante Alternative zu den eckigen Modellen der Konkurrenz. Den Preis der Cover finde ich persönlich aber zu hoch. Erstaunlich finde ich trotzdem, dass der Klang des Zipps trotz dieser schicken und etwas dickeren Verpackung perfekt abgestimmt ist.
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