Aus dem Hause Tortuga Team Ltd. entspringt das Old-School-Strategiespiel Braveland. Die russischen Entwickler haben das bereits auf Steam für PC, Mac und Linux erfolgreiche Spiel nun in den iTunes Store (Update, April 2014: sowie zu Google Play und den Windows Phone Store) gebracht. Als Strategie-Gelegenheitsspielerin und definitiv Fan dieses Genres, habe ich mir dieses klassisch angehauchte Spiel nicht entgehen lassen können und möchte Euch über meine Eindrücke berichten.
Braveland besticht auf den ersten Blick durch seine hübsch gezeichneten Landschaften und Charaktere. Es gibt drei wählbare Schwierigkeitsgrade und trotz, dass ich schon etwas Erfahrung mitbringe, habe ich mich lieber erst einmal für den leichten Schwierigkeitsgrad entschieden. Kurz darauf kommt ein Hinweis, dass diese Einstellung jederzeit änderbar ist. Man wird erst einmal kurz in den Hintergrund der Geschichte eingeführt und bekommt erzählt, dass das Dorf des Protagonisten von erbarmungslosen Banditen heimgesucht und nahezu ausgerottet wurde. Einzig er hat überlebt und macht sich nun daran, sein Dorf zu rächen und verfolgt die Banditen aus diesem Grund. Wie es scheint, hatte ihm sein Vater einiges über das Kämpfen beigebracht.
Rekrutieren verschiedener Einheiten
Gleich zu Beginn begegnet man einigen Bauern, die sich schämen, dass sie nicht eingegriffen haben. Auf Grund ihrer Zurückhaltung konnte es zudem erst so weit kommen, so dass sie sich zumindest jetzt bereit erklären, unserem Helden zu helfen und sich ihm anschließen. Die Bauern bilden die erste steuerbare Einheit, mit der die ersten Kämpfe bestritten werden. Sie sind nicht sehr schnell und wendig, haben keine Abwehr und eine geringe Angriffsstärke. Ihre Waffe ist eine Heugabel und sie haben keine speziellen Fähigkeiten. Aber für den Anfang reicht es und die Masse macht im Endeffekt hier den Unterschied.
Kurz darauf schließen sich Bogenschützen an, welche meine Lieblingsklasse geworden sind. Dadurch, dass sie aus der Ferne angreifen können, sind sie eine echte Bereicherung für das Team. Sie haben die gleiche Angriffsstärke wie die Bauern, kommen einen aber stärker vor, da sie eine Spezialattacke haben und sich vorm Angreifen selten bewegen müssen. Im Nahkampf, welcher mittels Messern ebenfalls möglich ist, sind sie allerdings nicht sehr stark und sie haben keinerlei Rüstungsfähigkeiten. Kurz nach dem sie sich anschließen, passiert man eine Art Lehrmeister für die Bogenschützen. Dieser zeigt Euch eine tolle Technik für die Bogenschützen, welche sie aller paar Züge einsetzen können (die Attacke muss sich immer erst wieder aufladen, ist aber besonders stark). Damit kann man oftmals die Anzahl einer Einheit um 1 dezimieren.
Als Nächstes begegnet man den Pfadfindern, welche sich dem Helden in Braveland natürlich auch anschließen. Sie sind sehr wendig (können sich weit bewegen) und greifen mit zwei Dolchen an. Entsprechend hoch ist der verursachte Schaden beim Gegner. Ihre Schwachstelle ist allerdings ebenfalls die Rüstung. Immerhin haben sie eine gewissen Grundabwehr gegen magische Attacken (10%). Schreitet man im Spiel voran, schaltet man für die Pfadfinder die Spezialfähigkeit Messerwurf frei. Dieser fügt einem Gegner, der sich 1 Zelle entfernt befindet, passablen Schaden zu. Dieser Angriff sollte nicht vergessen werden.
Im Braveland gibt es einen Pfad auf einer Karte, dem man die ganze Zeit folgt. Hier gelangt man auch an Camps, in denen man zusätzliche Einheiten der bereits freigeschaltenen Klassen anheuern kann. Diese liegen aber nicht immer auf dem Hauptweg, sondern etwas abgezweigt, aber immer soweit, dass man es noch sehen kann. Ein Abstecher zu den Seiten lohnt sich also immer. Hier können sich beispielsweise auch Ladenbesitzer, Schatztruhen, neue Spezialattacken oder Bonus-Fähigkeiten befinden (welche man jedoch erst nach Besiegen des Gegners vom jeweiligen Kartenpunkt erhält).
Die vierten Verbündeten sind eine Gruppe von Heilkundigen, die einem jedoch erst ein wenig später begegnen (im Gegensatz zu den ersten drei Einheiten). Diese sind eine extrem nützliche Einheit, allerdings sehr eingeschränkt nutzbar in langen Kämpfen. Pro Kampf können sie ihre Heilfähigkeit leider nur zwei Mal anwenden. Ansonsten nutzen sie aus der Ferne Wassermagie, um Gegnern Schaden zuzufügen, was ebenfalls nützlich sein kann. Allerdings fällt der Schaden nicht sehr hoch aus. Die Rüstung kann keine physische Grundabwehr vorweisen, jedoch eine Magieresistenz von 30%, was im Vergleich zu den anderen Einheiten sehr viel ist. Sie können sich nicht sehr viel bewegen, haben aber eine sehr hohe magische Reichweite.
Nachdem man sich nun ein wenig eingespielt hat, begegnet einem nach einer Weile schließlich eine kleine Gruppe von Kriegern, welche sich nun anschließen, da sie eine Rechnung mit einigen Bösewichtern begleichen wollen. Nun hat man endlich eine Klasse mit passabler physischer Abwehr (20%) erhalten. Ihre Magieresistenz beziffert sich auf immerhin 10%. Sie haben eine durchschnittliche Reichweite. Im Angriff sind sie die stärkste Einheit von den bisher vorgestellten.
Die Gegner haben allerdings ebenfalls Bogenschützen, Bauern, Rüstungsträger (welche dazu noch einen Angriffs-Buff haben, der nicht ohne ist), Magier (welche je nach Magieresistenz hohen Schaden verursachen können) und Läufer. Mit ihren Fähigkeiten sind diese nicht zu unterschätzen.
Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade für unterschiedliche Spielertypen
Wie bereits erwähnt, gibt es die Wahl zwischen drei Spielmodi, die man auch während des Spieles ändern kann. Ich habe zwischendurch in den Normal-Modus gewechselt und keinen großen Unterschied festgestellt, könnte mir aber vorstellen, dass die Gegner eine höhere Anzahl haben als im einfachen Modus, und man dementsprechend am Ende mehr Erfahrungspunkte und Gold für die besiegten Gegner erhält. Es lohnt sich also auf jeden Fall, das zu probieren, um bei harten Bossfights auf leicht zurück zu stellen und sich somit einen Vorteil zu verschaffen.
Die Kämpfe laufen rundenbasiert ab und finden auf einem Hexagon-Feld statt. Jede Figur kann sich in verschieden eingefärbten Feldern bewegen. Die farbkräftigen Felder sind Felder, zu denen man sich bewegen und danach noch eine Aktion (angreifen oder in die Defensive gehen) kann. Läuft man auf ein helleres Feld, weiter weg, kann man danach keine weiteren Aktionen mehr ausführen und beendet den Zug. Daher haben Bogenschützen und Magiekundige einen Vorteil. Meistens müssen sie sich nicht großartig bewegen, um ein beliebiges Ziel aus der Ferne anzugreifen.
Nach jedem erfolgreich bestrittenen Kampf werden alle Truppen wiederhergestellt (geheilt). Im weiteren Storyverlauf schaltet man neben den speziellen Klassenfähigkeiten sogar Fähigkeiten der Hauptfigur von Braveland frei. Ein brennender Pfeil, welcher beim ausgewählten Gegner viel Schaden verursacht, ist die erste davon, das Erhöhen der Wendigkeit eines gewählten Charakters die Zweite. Es gibt jedoch noch Weitere zu entdecken. Zum Ausführen dieser Aktionen benötigt man eine bestimmte Anzahl an Furorpunkten, welche sich durch erlittenen Schaden der Truppen allmählich aufbauen (erscheinen in der unteren rechten Ecke im Kampfbildschirm). Man kann maximal 10 Punkte sammeln. Zum Einsetzen des brennenden Pfeils muss man ganze 8 Furorpunkte aufgebaut haben.
Es ist schade, dass die Hauptfigur ansonsten nicht direkt am Kampfgeschehen teilnimmt und eine eigene Einheit darstellt. Weiterhin ist die Story zu Beginn sehr kurz gehalten und könnte etwas tiefer gehen. Dadurch würde man den Hauptcharakter besser kennenlernen und sich, RPG-typisch, besser mit ihm identifizieren können. Dann wäre man als Spieler wesentlich emotionaler bei der Sache.
Was mir persönlich absolut fehlt, ist die Einbeziehung der Umgebung in das Kampfgeschehen. Man kann beliebig angreifen, egal ob große Felsen im Weg liegen oder andere Charaktere eigentlich die Schussbahn behindern – Pfeile und magische Attacken können nach Belieben verfeuert werden. Das finde ich wirklich sehr schade, da die Umgebung liebevoll gezeichnet wurde und an dieser Stelle definitiv mehr hätte hergeben können.
Strategische Tipps für Braveland
Wie man in Braveland gewinnt? Die wichtigste Strategie in Braveland besteht darin, so viele Truppen wie möglich anzuheuern und die gegnerische Seite möglichst schnell und effektiv auszuschalten, damit sie einem nicht zuvor kommt. Teilt die Angriffe sinnvoll auf, damit nicht eine Einheit alleine gegen mehrere bestehen muss, insbesondere nicht die ohne physische Abwehr. Beschäftigt möglichst mit allen Einheiten die gegnerischen Einheiten und haltet sie in Schach. Nutzt immer so früh wie möglich die Spezialattacken und heilt bei Bedarf wichtige Einheiten: Krieger und Heiler selbst sind am wichtigsten, danach Bogenschützen, danach Bauern – geht es allen Einheiten gut bis auf einer einzigen, die droht umzukippen, sollt ihr natürlich diese heilen und je nach Situation abschätzen, wie oft ihr in diesem Kampf voraussichtlich noch heilen müsst. (Und gegebenenfalls beispielsweise die Bauern opfern, damit die stärkere Einheit, beispielsweise Krieger, überleben und viel Schaden verteilen kann.)
Solltet Ihr einmal in richtige Probleme bei einer gegnerischen Gruppe geraten (beispielsweise die Gruppe, die das Schwert im Stein bewacht im ersten Kapitel), rate ich Euch, einfach später, mit einer besseren Ausrüstung, einer höheren Anzahl an Einheiten und einem höheren Level zurückzukehren. (Diese Typen sind nämlich wirklich knifflig.) Ihr könnt das Schlachtfeld jederzeit vorzeitig verlassen. Je länger Ihr jedoch aushaltet und versucht, die anderen doch irgendwie noch auszuschalten, umso höher ist der Geldbetrag, den Ihr nach dem vorzeitigen Verlassen des Schlachtfeldes von Euren Einheiten bekommt. Diese legen nämlich zusammen, nachdem sie gesehen haben, wie viel Mühe Ihr Euch gegeben habt (und je mehr ihr das tatsächlich tut, umso besser wird das honoriert). Auf jeden Fall eine Möglichkeit, wieder an Münzen zu kommen, da die Karte ja sehr linear ist und keine zufälligen Gegner erneut auftauchen, nachdem man sie bereits besiegt hat. Es gibt also keine Möglichkeit, die Gegend immer wieder abzugrasen, um zu leveln oder zu sparen, wie das in RPG’s häufig so üblich ist.
Fazit zur Braveland App
Braveland ist ein nettes und liebevoll gestaltetes Spiel, hervorragend dazu geeignet um zwischendurch einmal abzuschalten. Die Musik ist passend und stimmig. Es gibt sogar humoristische Einlagen in Form von verbalen Spitzen gegen die Gegner (vor einem Kampf). Es ist auf jeden Fall für Gelegenheitsspieler geeignet. Die Story ist jedoch in sehr große Kapitel eingeteilt, also gibt es zunächst keine Anhaltspunkte, wie weit man bereits voran geschritten ist, und auch keine perfekten Momente, um zu unterbrechen. Die Karte wird nach und nach immer weiter nach rechts hin aufgedeckt und gibt neue Wege frei, je weiter man voran schreitet. Zu entdecken gibt es auf jeden Fall noch zwei weitere Klassen und weitere Heldenfähigkeiten, von denen ich mir etwas frischen Wind von der taktischen Seite verspreche. So verheißen es zumindest die ersten Bewertungen im Appstore.
Für Einsteiger halte ich den einfachen Modus durchaus für fordernd genug und empfehle allen Neulingen daher auch, Euch zunächst an diesem zu probieren. Erfahrene Strategen, die die Herausforderung suchen, dürfen allerdings auch gern einen schwierigeren Modus wählen. Ich fand den einfachen für mich jedoch ausreichend, vor allem, da ich nicht so auf Spielfrust stehe.
Für Fans des Genres und insbesondere den Anfängen klassischer Strategiespiele, der englischen Sprache halbwegs mächtig, mit einem Fable für liebevoll gezeichnete Charaktere im Comicstil, ist dieses Spiel klar zu empfehlen, sofern man sich in dieser Preislage kein Spiel à la Fire Emblem erhofft. Eine deutsche Lokalisierung hat der Entwickler bereits angekündigt.
Update, April 2014: Die Braveland App ist jetzt auch für Windows Phone und Android verfügbar. Bei Windows Phone gibt es sogar eine Testversion.
Update, Juni 2014: Ein neues großes Update ist live. Braveland ist ab sofort auch in Deutsch verfügbar und hat einen „Survival“-Modus hinzubekommen!